Skifreizeiten:Welche Regeln im Skilager gelten

Lesezeit: 3 min

  • Viele Schüler aus München und Umgebung sind derzeit bei Ski-Freizeiten.
  • Zahlreiche Eltern haben dabei Angst um ihre Kinder.
  • Doch die Lehrer haben deutlich strengere Vorschriften als etwa die Trainer in Skivereinen.

Von Korbinian Eisenberger und Melanie Staudinger, München

Die Schüler des Maria-Theresia-Gymnasiums waren schon in Wagrain, das Adolf-Weber-Gymnasium war in Rauris. Die siebten Klassen des Gisela-Gymnasiums verbringen gerade ihre Wintersportwoche in Auffach in Tirol. In der Zeit nach den Weihnachtsferien tauschen so einige Schulen in München und dem Umland die Klassenzimmer gegen Bewegung an der frischen Luft ein und fahren ins Skilager.

Pädagogisch sind diese Fahrten unstrittig. Nach dem tödlichen Unfall eines 14-Jährigen aus Vaterstetten, der mit einem Skisportverein unterwegs war, herrscht unter Eltern allerdings Unsicherheit: Was ist eigentlich, wenn in der Skifreizeit etwas passiert? Und welche Regeln gelten bei den mehrtägigen Ausflügen?

Tod eines 14-jährigen Skifahrers
:Schwer zu verkraften

Nach dem Lawinen-Tod eines 14-jährigen Skifahrers beim Training stellt sich dem WSV Glonn auch die Schuldfrage.

Von Anselm Schindler

Eine Schulfahrt ist kein Trainingslager

Der 14 Jahre alte Nachwuchs-Rennläufer hatte abseits der Piste eine Lawine ausgelöst und war unter die Schneemassen geraten. Nach 25 Minuten fanden ihn Rettungskräfte, da war der Bub bereits tot. Die bayerische Bergwacht verbucht im Schnitt jedes Jahr zehn solcher Lawinen-Einsätze - bis die Retter im Hubschrauber am Unglücksort sind, ist es für die Verschütteten aber oft schon zu spät. Nach Angaben der internationalen Kommission für Alpinski-Rettung Icar sterben in den europäischen Alpen jährlich etwa hundert Menschen bei Lawinenunglücken.

Bei Ausflügen ins Skilager sind tödliche Unfälle selten. Anders als für Sportvereine gelten für Schulklassen ganz klare Regeln, was erlaubt ist und was nicht. "Lehrer dürfen mit Schülern grundsätzlich nur auf freigegebenen Pisten fahren", erklärt Barbara Roth, Präsidentin des Deutschen Sportlehrerverbands für Bayern und früher Berufsschullehrerin in München. Diese Regelung empfinde sie als vernünftig, schließlich würden sich die Eltern auf die Aufsichtspersonen verlassen. "Als Schule sollte man keine unkalkulierbaren Risiken eingehen", sagt Roth. Kleine Wagnisse dürfe es aber schon geben: "Die Kinder sollen ja lernen, sich selbst, ihren Körper und die Geschwindigkeit einzuschätzen."

Eine weitere Vorschrift besteht darin, dass die Schüler nicht alleine auf der Piste unterwegs sein können. Die sperrig betitelten "Durchführungshinweise zu Schülerfahrten" des bayerischen Kultusministeriums empfehlen, aus Sicherheitsgründen Niveaugruppen etwa aus Anfängern, Fortgeschrittenen und Profis zu bilden. Jede Gruppe führt ein Lehrer mit Qualifikation (zum Beispiel eine Skilehrerausbildung oder eine Weiterbildung). Mehr als zwölf Schüler sollten nicht in einem Kurs sein.

Die Lehrer müssen die Ausrüstung prüfen

Ein Helm ist nur empfohlen, nicht vorgeschrieben. Die Lehrer sind aber verpflichtet, die Ausstattung der Kinder und Jugendlichen zu überprüfen und sich täglich über die Wetter- und Lawinensituation zu informieren. "Die Regeln sind seit Jahren gleich, und trotzdem fahren immer weniger Lehrer ins Skilager", sagt Verbandsvertreterin Roth. Der Sportunterricht verliere an Stellenwert. "Wenn das Ansehen sinkt, verlieren manche angesichts der großen Verantwortung die Lust." Tatsächlich kann ein Lehrer belangt werden, wenn etwas passiert im Skilager. Allerdings nur, wenn er sich absichtlich nicht an die Regeln hält. Dann kann er haftbar gemacht werden - entweder zivilrechtlich über Schadenersatz, disziplinarrechtlich über das Beamtenrecht oder sogar strafrechtlich.

Anbieter kommerzieller Skikurse verzichten in der Regel wie im Skilager auf Fahrten im freien Gelände. Es gehe eher darum, Anfängern das Skifahren zu lernen oder Fortgeschrittene zu verbessern, sagt Christof Schellhammer, Geschäftsführer der Berg- und Skischule von Sport-Scheck. "Im Vereinstraining ist Tiefschneefahren allerdings üblich", sagt Andreas König, Sicherheitsexperte des Deutschen Skiverbands DSV. Auch Günther Huber, Vorstand des Wintersportvereins München teilt diese Ansicht. "Nur da lernt man richtig Skifahren", sagt er - ähnliches hört man aus anderen Skiclubs. Vereinstrainer tragen dadurch ein höheres Risiko.

Im Verein sind Tiefschneefahrten üblich

Die Renngruppe des 14-Jährigen etwa leitete ein 25 Jahre alter Trainer vom Wintersportverein Glonn. Sie war am Nachmittag bei Lawinenstufe drei von fünf - was eine "erhebliche Lawinengefahr" bedeutet - vom gewalzten ins freie Gelände gewechselt. Dabei hatte die Gruppe nicht wie empfohlen eine Lawinen-Notausrüstung im Gepäck. Wenn es im Tiefschnee zum Unglück kommt, kann ein Skitrainer verantwortlich gemacht werden - anders als auf der Piste, wo der Liftbetreiber haftet.

So wurde in der Schweiz vor vier Jahren ein Skilehrer wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Er hatte mit Kindern die markierte Piste verlassen, eine Sechsjährige stürzte hundert Meter den Hang hinab und starb. Gegen den Glonner Trainer wird jetzt ebenfalls wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung ermittelt. Der 25-Jährige hatte die vom DSV empfohlene Ausbildung - mit einer Zusatzqualifikation für Gefahrenmanagement.

© SZ vom 25.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: