Skicross:Geht ja gut los

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Für die Skicrosser beginnt am Wochenende in Kanada die Weltcup-Saison. Heidi Zacher und Andreas Schauer vom SC Lenggries sind früh in Form. Vor allem am Ende aber wollen beide diesmal vorn dabei sein

Von Ralf Tögel

Natürlich ist Heidi Zacher gut drauf. Die 26-Jährige besitzt diese beneidenswerte Unbeschwertheit, die ihr nahezu immer gute Laune ins Gesicht zaubert. Selbst als ihre Knochen im Unterschenkel mit Schrauben zusammengehalten wurden, blickte die Lenggrieserin stets optimistisch in die Zukunft. Zu ändern, so sehen Menschen wie Zacher selbst einen Spiralbruch, sei daran eh nichts mehr. Also Augen zu und durch, am besten mit einem Lächeln auf den Lippen.

Drei Jahre ist es bald her, dass Heidi Zachers Schienbein barst. Im vergangenen Winter meldete sie sich mit beachtlichen Ergebnissen zurück, einmal stand sie im Weltcup als Dritte auf dem Treppchen. Der olympische Saisonhöhepunkt in Sotschi freilich war daneben gegangen, Zacher landete auf der spektakulär gefährlichen Strecke in Rosa Khutor auf dem 18. Platz. Sie hat auch diesen Rückschlag weggesteckt.

Zum Saisonfinale im März meldete sie sich im schwedischen Åre mit zwei sechsten Weltcup-Plätzen zurück. Am Freitag beginnt die neue Saison im kanadischen Nakiska, knapp 80 Kilometer westlich von Calgary, mitten in den Rocky Mountains. Zacher sagt: "Bei mir ist alles bestens." Klar, was sonst. Sie hat aber auch gute Gründe, denn Zacher konnte die Vorbereitung ohne Verletzung absolvieren, ohne jedes Problem, "einfach normal trainieren", wie sie sagt. Vor zwei Wochen gab es am Pitztaler Gletscher bei den österreichischen Meisterschaften eine Standortbestimmung, die für Zacher zwar mit einem Sturz im Halbfinale endete, dennoch hat sie einen positiven Eindruck hinterlassen. Zacher fuhr in der Qualifikation Bestzeit, gewann bis zu eben jenem Halbfinale alle Rennen und dann auch das kleine Finale. Man kann sagen: Heidi Zacher ist auch sportlich gut drauf.

Das sieht auch Heli Herdt so. Der Sportlicher Leiter Skicross im Deutschen Skiverband (DSV) sagt, sie stehe "ähnlich gut auf dem Ski wie in der Saison 2011/12". Damals fuhr Zacher bis zum letzten Rennen um den Weltcup-Gesamtsieg, musste sich nur knapp der Schwedin Anna Holmlund geschlagen geben. "Körperlich ist sie sogar fitter als damals", findet Herdt: "Im vergangenen Jahr ist sie schon vorne mitgefahren. Ich glaube schon, dass sie heuer schnell in Fahrt kommt." Man kann das so übersetzen, dass Herdt in Zacher eine Athletin am Start wähnt, die Rennen gewinnen kann.

Auch Andreas Schauer, 28, wie Zacher ein Kind des Traditionsvereins SC Lenggries, kann um die ganz vorderen Plätze mitfahren. Das hat er schon oft bewiesen, auch wenn er in Sotschi als Zwölfter hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Auch Schauer ist schon wieder gut drauf, sportlich, hat aber mit ein paar Problemen zu kämpfen. Im Pitztal, beim ersten Leistungstest, war er in der Qualifikation Drittschnellster, dann bekam er Schmerzen in der Hüfte. "Das hat auf den Rücken ausgestrahlt", sagt Schauer, Altlasten seines Bandscheibenvorfalls von 2010. In Absprache mit den Trainern verzichtete er auf das Finale. Mittlerweile ist das vergessen, auch Schauer hat den Flieger zum ersten Weltcup nach Kanada bestiegen. Die Ärzte und Physiotherapeuten hätten "einen super Job" gemacht, "ich fühle mich sehr gut". In der vergangenen Saison war Schauer 19. im Gesamtweltcup, allerdings verpasste er nach einem Sturz drei Rennen. Ähnlich wie Heidi Zacher zeigte Schauer am Ende des vergangenen Winters stark ansteigende Form, beim Weltcup-Finale im französischen La Plagne verpasste er als Vierter das Siegertreppchen denkbar knapp. Entsprechend geht er in diese Saison: "Wenn es einigermaßen läuft, dann sollten die top Acht drin sein. Das ist mein absoluter Anspruch."

"Drauf hat er das allemal", meint auch Heli Herdt, "Andi ist skifahrerisch stabiler geworden". In Nakiska werde sich zeigen, wie gut genau, zumal Herdt in Kanada völlig andere Bedingungen als zuletzt im Pitztal erwartet. "Es ist sehr kalt, hat einen halben Meter Neuschnee und darauf kommt dann ein halber Meter Kunstschnee", so Herdt, der sich bei seinen Rennfahrern auch von anderer Seite positive Impulse erwartet. Denn der DSV hat den Skicross-Cheftrainer ausgetauscht. Nach sieben Jahren ist Alex Böhme ins zweite Glied zurückgetreten, der Allgäuer ist nun im Nachwuchsbereich des bayerischen Skiverbands tätig. Nicht zuletzt wegen der enttäuschenden Ergebnisse von Sotschi habe der Verband reagiert und Peter Stemmer die Verantwortung übertragen, erklärt Herdt. Stemmer leitete in der vergangenen Saison noch das Europacup-Team, zuvor war er im alpinen Bereich in verschiedenen Funktionen sowohl im Speed- als auch im Technikbereich tätig. "Mit Böhme hatten wir sieben gute Jahre, aber es war an der Zeit für einen neuen Input", sagt Herdt. Die Hoffnung des DSV ist, dass der 40-jährige Stemmer mit seiner Erfahrung vieles aus einem neuen Blickwinkel angehe.

Bei Schauer scheint das schon zu klappen: "Er gibt mir im Training die richtigen Impulse." Auch Zacher sieht den neuen Chef positiv: "Er sieht die Dinge anders und bringt einen frischen Wind, das passt gut." In Sachen Budget habe sich nicht viel geändert, die Skicrosser werden weiterhin vom DSV gefördert. Die Eigenleistung allerdings ist etwas gestiegen, in moderatem Rahmen, wie Herdt findet. Je nachdem, wie viele Schneetage die Athleten in Anspruch nähmen, könnten es "schon mal 4000 oder 5000 Euro sein", so Herdt, es liege am Athleten selbst, das Geld wieder einzufahren. Dem pflichtet Andreas Schauer bei: "Wenn die Platzierungen einigermaßen stimmen, dann kann man ganz gut über die Runden kommen."

© SZ vom 04.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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