Siedlung am Lerchenauer See:Gute Zeiten, quirlige Zeiten

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Der Freizeittreff "Lerchenauer" wird 50 Jahre alt. Der Siedlung am See hat er sehr geholfen, sagen ehemalige Anwohner

Von Simon Schramm, Siedlung am Lerchenauer See

Vor genau einem halben Jahrhundert wurde der Freizeittreff "Lerchenauer" eröffnet, welchen Wert der Anlaufpunkt für die Siedlung am Lerchenauer See damals hatte, beschreibt die ehemalige Viertelbewohnerin Sieglinde Triebel unmissverständlich. "Es wäre der Siedlung schlecht gegangen, wenn es das Freizeitheim nicht gegeben hätte", sagt Triebel, die die Siedlung im Jahr 2000 aus Altersgründen verlassen hat und deren zwei Kinder den Treff als Grundschüler besucht haben. "Sonst wären viele Jugendliche in die Kriminalität gerutscht."

In den größtenteils sozial geförderten Wohnblöcken der 1967 entstandenen Siedlung hätten viele Schlüsselkinder gelebt, aber auch Kinder aus Familien, die nicht intakt gewesen seien, sagt Triebel, und viele junge Familien mit manchmal fünf bis acht Personen in einer Wohnung. Zwar seien einige Jugendliche in manchen Zeiten "außer Rand und Band" gewesen, erzählt Triebel. Sie hätten die Klos verschmutzt oder den Eingang mit einer Fahrradkette versperrt. Aber: "Sie haben auch nur Gemeinschaft und Halt gesucht." Die Mehrheit der Jugendlichen sei brav gewesen. "Für sie war es ein geschützter Ort, der für viele das eigentliche Zuhause war." Um diese Qualität zu würdigen, wird sich Triebel an diesem Freitag, 20. Oktober, zur Jubiläums-Feier des "Lerchenauer" begeben. "Der Treff war jeden Tag ab 14 Uhr gut besucht", sagt Triebel. "Meine Kinder haben den Töpferkurs geliebt. Ich danke dem Leiter Klaus Ludwig, für seine Beständigkeit und seinen Idealismus."

Spielfest mit Clown. (Foto: oh)

Klaus Ludwig ist seit 35 Jahren für den Treff verantwortlich. Gegründet wurde der Treff im Jahr 1967, weil es damals in ganz München üblich gewesen sei, derartige Stätten einzurichten, sagt Ludwig. Er habe die Herausforderung geschätzt, sich mit den Jugendlichen auseinanderzusetzen. Die Jugendbetreuer hätten die Situation in schwierigen Zeiten in den Griff bekommen, indem sie den Jugendlichen Grenzen gesetzt und die Hausordnung durchgesetzt hätten - etwa durch Sanktionen wie einem Hausverbot. "Wir haben ihnen aber auch die Anerkennung geboten, die sie zuhause manchmal nicht bekommen haben", sagt der 62-Jährige.

Damals wie heute sei es die Kernaufgabe gewesen, Kindern und Jugendlichen bis 19 Jahren ein Freizeitangebot bis zum Abend zu schaffen, sagt Ludwig. Das Angebot im Treff ist gewachsen. Schon immer gab es eine Theatergruppe, seit 2000 fördert eine Theaterpädagogin interessierte Kinder.

Seit siebzehn Jahren arbeitet der Treff eng mit der benachbarten Schule zusammen, lädt zum Mittagessen und zur Hausaufgabenbetreuung. Auch hält das Lerchenauer-Team ein Ferienprogramm für Schüler bereit, stellt seine Räume für Feste zur Verfügung und unterstützt manche Jugendliche in der Bewerbung und während der Ausbildung. Ein Junge sei im Zuge der Möglichkeit, am Treff Graffitibilder zu malen, Tätowierer geworden, ein anderer Cartoonzeichner, erzählt Einrichtungsleiter Klaus Ludwig. Der Treff würde auch Integrationsarbeit leisten, weil seit den Neunzigerjahren in die Siedlung auch viele Jugendliche mit Migrationshintergrund gezogen seien.

Vor allem Grundschüler fühlen sich wohl im Lerchenauer - der Freizeittreff ist ihr Wohnzimmer. (Foto: oh)

Die Jubiläumsfeier am Freitag startet für junge Gäste um 14.30 Uhr, mit Hüpfburg, Clowns, Siebdruckwerkstatt und Waffelbäckerei. Um 17 Uhr beginnt ein Sekt-Empfang, später gibt es Pizza und Live-Musik. Im Treff werden Projekte der Freizeitstätte vorgestellt und eine Auswahl von Foto-Projekten zu sehen sein, die die Kinder aus dem Treff in den vergangenen 15 Jahren mit Hilfe des "Lerchenauer" realisiert haben.

© SZ vom 19.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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