Schuljahresende:Tanz in die Ferien

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Mehr als 200 junge Münchner haben den Jam organisiert und demonstrieren stolz, was sie im Jugendzentrum am Biederstein gelernt haben. (Foto: Robert Haas)

Beim "School's over Jam" an der Münchner Freiheit zeigen Jugendliche, dass das Leben nicht nur aus Schule besteht

Von Sophie Kobel

Der alte Mann bleibt abrupt stehen und stützt sich auf seinen Stock. Mitten in der Siebzigerjahre-Betonlandschaft an der Münchner Freiheit dröhnt der Bass hinunter bis zur U-Bahn. Oben, vor den Stufen auf dem Platz tanzen Sami, sieben Jahre alt, Junis, elf, Milad zwölf, und ihre Freunde wie wild. Die sechs Jungen nennen sich Breakdancer, den heutigen Auftritt haben sie lange eingeübt. Hunderte Jugendliche sitzen auf Bierbänken um die schwarz weiß karierte Tanzfläche, klatschen und pfeifen im Takt des Hip-Hop-Beats mit.

Es ist der letzte Tag des Schuljahres, und an der Münchner Freiheit hat sich an diesem Tag in den vergangenen 20 Jahren eine Tradition etabliert: der "School's over Jam", der am Vormittag gleich nach der Zeugnisverleihung startet. Für die Teenager des Jugendtreffs am Biederstein ist es ihr großer Tag, mehr als 200 von ihnen organisieren die Veranstaltung. "Heute möchten wir euch zeigen, was wir im vergangenen Jahr alles gemacht haben", sagt der 14- jährige Moderator zu seinem Publikum. Acht Stunden wird das Programm dauern, die Jugendlichen tanzen durch den Tag. Wer selbst einmal zum Breakdancer werden möchte, kann nachmittags beim Hip-Hop-Workshop mitmachen. Oder sich ein paar Meter weiter in der Graffiti-Area verewigen.

"Der Tag heute ist wichtig für unsere Jugendlichen. Sie zeigen, was sie parallel zur Schule und dem dort herrschenden Leistungsdruck in ihrer Freizeit aufgebaut haben", sagt Patricia Herzog, Leiterin des Jugendtreffs am Biederstein. Seit 20 Jahren ist sie die Ansprechpartnerin für Hunderte junge Menschen; der Treffpunkt zwischen Englischem Garten und Münchner Freiheit ist ihr Herzensprojekt. "Wir geben den Jugendlichen eigentlich nur die Räume und Möglichkeiten, ihre eigenen Projekte zu entwickeln", sagt die Sozialpädagogin. Das geschah auch im Jahr 1998: Damals mussten viele bosnische Jugendliche nach dem Ende des Balkankriegs zurück in ihre Heimat. Mit einer großen Open-Air-Party wollten sie allen zeigen, was sie drauf haben. Der "School's over Jam" war geboren - und dieser Gedanke prägt die Veranstaltung bis heute.

Wie eng die Verbindung zum Jugendtreff und dem Jam ist, zeigt sich auch daran, dass die DJs zwar schon Mitte zwanzig sind, für ihren alten Jugendtreff aber dennoch gerne auflegen. So auch Aicha. Die 28-jährige Hotelfachfrau kommt seit zwölf Jahren regelmäßig ins Biederstein, davor hatte sie auch mal andere Jugendtreffs ausprobiert. "Aber ich habe mich nie so eingeladen gefühlt wie hier", sagt die Truderingerin. Ein bis zweimal die Woche schaut sie heute im Treff vorbei und studiert mit den jungen Breakdancern neue Choreografien ein. "Es ist auf jeden Fall ein Stück Zuhause hier", sagt Aicha und läuft stolz auf die Bühne zu ihren Jungs.

© SZ vom 28.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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