Schließungen in München und Region:40 Schlecker-Filialen droht das Aus

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München und das Umland sind nicht ganz so hart von Schließungen betroffen wie der Rest der Republik: Dennoch sind mindestens 40 Schlecker-Filialen im Raum München akut bedroht. Unterdessen ist ein politischer Streit um einen möglichen Hilfskredit entbrannt.

Max Hägler und Michael Tibudd

Knapp 40 Schlecker-Filialen im Raum München sind akut von der Schließung bedroht. Das geht aus einer vorläufigen Liste hervor, die Schlecker-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz erstellt hat und die den Mitarbeitern am Wochenende vorgelegt wurde. In München sind demnach vorerst 24 der etwa 130 Filialen gefährdet, im Umland weitere 16. In ganz Bayern könnten 168 der rund 700 Filialen geschlossen werden.

Nach Angaben von Verdi arbeiten in München rund 700 Menschen bei Schlecker, in ganz Bayern etwa 3000. (Foto: dpa)

Möglicherweise werden sich diese Zahlen aber noch erhöhen. Denn welche Standorte wirklich geschlossen werden, ist nicht endgültig geklärt; Betriebsräte verhandeln noch über Details. Insbesondere im Umland könnten Gemeinden ein Interesse haben, Schlecker-Filialen als Teil des örtlichen Einzelhandels zu erhalten, spekuliert wird über kommunale Subventionen.

In München sollen die Beschäftigten an diesem Mittwochabend bei einer Betriebsversammlung Details erfahren. Nach Angaben von Verdi arbeiten in München rund 700 Menschen bei Schlecker, in ganz Bayern etwa 3000.

Wir haben in den vergangenen Tagen viele Anrufe von Mitarbeiterinnen der Filialen auf der Liste bekommen", sagt Viktoria Sklomeit, die sich bei der Gewerkschaft Verdi um die Schlecker-Standorte in München und Umgebung kümmert. "Zuerst mussten wir die Leute beruhigen: Nur weil die eigene Filiale geschlossen wird, heißt das nicht automatisch, dass auch alle Beschäftigten dort gekündigt werden."

Schließlich gelte es noch einen Sozialplan zu erstellen, für den Kriterien wie etwa die Dauer der Betriebszugehörigkeit berücksichtigt werden müssen.

Das heißt freilich, dass sich auch solche Mitarbeiter Sorgen machen müssen, die in Filialen arbeiten, die nicht auf der Liste stehen. Schließen sollen demnach Läden in vielen Teilen des Stadtgebiets - zum Beispiel zwei in Neuhausen und in Milbertshofen, drei in Untersendling und einzelne etwa in der Altstadt, Laim und Schwabing

Generell sieht es für den Moment so aus, als kämen München, die Region, aber auch der Rest von Bayern glimpflicher davon als zuletzt befürchtet. Schließlich war von knapp der Hälfte der Filialen die Rede, die geschlossen werden sollte. Offenbar schneiden viele hiesige Filialen bei den K.-o.-Kriterien recht gut ab: So untersuchte der Insolvenzverwalter für jeden Standort die Umsatzentwicklung, richteten aber auch einen Blick auf die Konkurrenzsituation in der Umgebung - wo viele andere Drogeriemärkte um Kundschaft buhlen, hatte der Insolvenzverwalter mehr Nachsehen mit der Geschäftsentwicklung.

Unterdessen versucht der Insolvenzverwalter zu klären, ob die Schlecker-Mitarbeiter direkt in die Arbeitslosigkeit entlassen werden oder aber für einige Monate in eine Transfergesellschaft wechseln. Geiwitz betonte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, eine solche Gesellschaft sei "für alle Beteiligten absolut sinnvoll". Eine solche Gesellschaft würde den Menschen Lohn zahlen und Weiterbildungen ermöglichen.

Allerdings fehlt dem Insolvenzverwalter derzeit das Geld dazu. Etwa 75 Millionen Euro bräuchte er bis Ende März, um die Situation in ganz Deutschland in den Griff zu bekommen. Ein Darlehen der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wäre das schnellste Mittel. Doch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) lehnt eine solche Hilfe ab; Schlecker sei kein Mittelständler, lautet die Argumentation des Ministeriums.

Unterstützung bekommt Geiwitz derzeit vor allem von der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg. Zwar gebe es etwa in Bayern mehr Schlecker-Filialen und Mitarbeiter als in seinem Land, sagte Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD), aber die Schlecker-Zentrale liege in Schwaben. Also koordiniert der dortige Minister und kämpft um einen KfW-Kredit, der auch den Einstieg eines Investors in den verbleibenden Schlecker-Rest erleichtern würde. Dem FDP-Politiker macht der Wirtschaftsminister schwere Vorwürfe: "Herrn Rösler ist es offenbar egal, was mit den Schlecker-Frauen passiert. Mir ist es nicht egal", sagte Schmid. Er erwarte, dass sich die Bundesregierung auf die Seite der Beschäftigten schlage und den KfW-Kredit gewähre.

Für Anfang der kommenden Woche will der Minister seine Kollegen aus Bayern und den anderen Bundesländern zusammentrommeln, damit dieses "wirtschafts- und sozialpolitisch erforderliche Instrument" doch noch zustande kommt.

© SZ vom 14.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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