Schauspielschulen:Der lange Weg zur Bühne

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Nicht nur bei Castingshows müssen die Bewerber ein hartes Auswahlverfahren über sich ergehen lassen. Auch die Aufnahmeprüfungen von Schauspielschulen sind knallhart.

Miriam Montag

Ein Theaterstück ist gut, wenn es das Publikum am Husten hindert. Wenn niemand mit Bonbonpapierchen raschelt, wenn der Zuschauer lieber den Atem anhält, als eine Szene mit seinem Husten zu stören, dann ist der Funke von der Bühne auf den Zuschauerraum übergesprungen, ist die Theateraufführung gelungen.

Mitglieder der Abschußklasse der Neuen Münchner Schauspielschule bei Proben zu dem Theaterstück 'Green Room' im Rahmen der 'Jungen Akademie Gasteig' in der Black Box. (Foto: Foto: Haas)

Von einer erfolgreichen Bühnenkarriere träumen viele junge Schauspieler. Der Königsweg zum Schauspielberuf führt über den Abschluss an einer staatlich anerkannten Schauspielschule. Doch dieser Weg ist steinig und erfordert Durchhaltevermögen. Das hat Leopold Geßele bewiesen. Insgesamt 28 Mal hat sich der heute 22-jährige Münchner in den letzten drei Jahren um einen Ausbildungsplatz als Schauspielschüler beworben.

"Nach meinem Abitur 2007 habe ich gleich die ersten Bewerbungen geschrieben - und nur Absagen erhalten", erzählt er. Nach einer schier endlosen Odyssee hatte er seine Hoffnung auf einen Ausbildungsplatz fast schon aufgegeben, bis er schließlich doch noch vor einem Monat die Zusage vom Schauspielhaus in Salzburg bekam.

Fälle wie diese gibt es viele, doch nur wenige haben ein Happy End. Die Chance, sich beim Vorsprechen von anderen Mitstreitern abzuheben und die Jury zu überzeugen, ist relativ gering. Dennoch nehmen jedes Jahr wieder unzählige Bewerber den Stress einer monatelangen Vorbereitung auf sich, lernen Monologe auswendig, studieren nächtelang Dialogszenen aus diversen Theaterstücken ein, teilweise auch Sing- und Tanzstücke.

Die Berufsfachschule für Darstellende Kunst ist eine von fünf großen privaten Schauspielschulen in München. Jährlich bewerben sich dort bis zu 300 junge Menschen, die ihr Hobby zum Beruf machen möchten. Maximal 16 werden angenommen. "Unsere Kapazitäten sind begrenzt", erklärt Schulleiterin Petra Diener, "wir müssen die besten Bewerber herausfiltern." Und das sind ihrer Meinung nach Leute, die Disziplin, Talent und Freude am Spielen mitbringen. Ob ein Kandidat diese Voraussetzungen erfüllt, beurteilt sie gemeinsam mit ihrem Kollegen Werner Eggenhofer und den Schauspiellehrern beim obligatorischen Schnupperworkshop und beim anschließenden Vorsprechen.

Hier werden die angehenden Schauspieler auf ihre Ensemblefähigkeit, ihr Improvisationsvermögen und ihre Bühnentauglichkeit hin überprüft. Bewerber, die nur ihren Text auswendig können, aber den Rest des Stückes nicht kennen, haben beim Vorsprechen schlechte Karten. Auch das Argument, dass die eigene Mutter das Talent ihres Sprösslings erkannt habe, sollte tunlichst vermieden werden.

Wer selbstbewusst auftritt, textsicher ist und sich facettenreich auf der Bühne präsentiert, hat hingegen gute Chancen, zu überzeugen."Ein seriöses Vorsprechen zeichnet sich in erster Linie dadurch aus, wie viel Zeit sich die Jury nimmt, um die Bewerber im Gespräch kennenzulernen und ihr Können auf der Bühne zu beurteilen", sagt die Leiterin der Neuen Münchner Schauspielschule, Erica Prahl. Sie castet aus Prinzip nur wenige Kandidaten pro Tag, um allen Bewerbern gerecht zu werden und auf jeden eingehen zu können.

Jede Bewerbung kostet nicht nur Schweiß, sondern auch Geld. Zwischen 30 bis 50 Euro an Gebühren verlangen die privaten und staatlichen Schulen, zuzüglich Anfahrtskosten. Geßele hat allein dafür über 2000 Euro ausgegeben. Die Kosten für die drei- bis vierjährige Ausbildung sind unterschiedlich. Während die privaten Schulen in der Regel etwa 400 Euro im Monat verlangen, ist die Ausbildung an den staatlichen Akademien kostenlos. "Die Qualität der Ausbildung ist an beiden Schulmodellen gleich", so Prahl.

"Wo sich die jungen Schauspieler bewerben, ist eine Typfrage. Jeder Schüler sollte für sich überlegen, welche Schule und welche Ausbildung zu ihm passt." Nach der Ausbildung sei der Theatermarkt dann ohnehin für alle Schauspieler gleich hart. Geßele weiß inzwischen nach 28 gescheiterten "Ein-Mann-Vorstellungen" genau, worauf es ankommt: Sich zu konzentrieren, zu zeigen, dass man wirklich gern auf der Bühne steht und genau an dieser Schule studieren will. "Das klingt einfach, ist unter Druck aber ziemlich schwer, sagt Geßele, "denn man muss schon sehr viel von sich preisgeben."

© SZ vom 03.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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