Scharfe Kritik an Abhör-Praxis der Polizei:Wer überwacht die Überwacher?

Auf einer Münchner Kripo-Dienststelle wurden fast 30 Jahre lang Telefone überwacht, viele Beamte wussten davon nichts. Politiker und Gewerkschaft kritisieren die Abhör-Praxis scharf - und fordern nun Aufklärung vom Polizeipräsidium.

Von Susi Wimmer

Die Polizeigewerkschaft und die Politik haben auf die "Abhöraffäre" bei der Münchner Polizei reagiert: "Wenn tatsächlich beim Kriminaldauerdienst permanent die Gespräche auf vier Apparaten mitgeschnitten wurden und die Kollegen nichts wussten, dann verurteile ich das aufs Schärfste", sagte Michael Hinrichsen, stellvertretender Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG).

Auch Susanna Tausendfreund, Landtagsabgeordnete der Grünen, fordert Aufklärung und wird nächste Woche eine entsprechende Anfrage im Plenum stellen.

Fast 30 Jahre lang wurden beim Kriminaldauerdienst in München vier Telefonapparate überwacht. Ein Umstand, von dem die wenigsten der rund 90 diensthabenden Polizeibeamten wussten. Das Präsidium beruft sich auf Gesichtspunkte der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr, ein Beamter der Dienststelle allerdings wehrte sich gegen die Überwachung und beschwerte sich. Erst als mit einer Klage gedroht wurde, schaltete das Präsidium die Überwachung ab.

"Die Kollegen und auch die Bürger müssen vor heimlichen Aufzeichnungen geschützt werden", forderte Hinrichsen. Die DPolG werde das Innenministerium um Aufklärung bitten, ob das Abhören von Gesprächen auch in anderen Polizeipräsidien üblich sei. "Der Umgang mit Daten von Beschäftigten muss innerhalb der Polizei mehr Beachtung finden", so die Gewerkschaft.

Auch der Landesbeauftragte für Datenschutz, Thomas Petri, will der Sache nachgehen. Hatte das Präsidium tatsächlich die Befugnis, die Gespräche mitzuschneiden? Wenn nicht, "dann liegt eine Straftat vor", sagt Petri. Tatsächlich ist die Polizei mittlerweile mit einer Software ausgestattet, die es ihr ermöglicht, per Mausklick bestimmte Apparate zu überwachen. "Aber wer", fragt die DPolG, "überwacht die Überwacher?"

© SZ vom 09.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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