Rollstuhlbasketball:Erfolgreicher Höllenritt

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Fußgänger im Rollstuhl: Florian Mach soll nun auch in taktischer Hinsicht „den nächsten Schritt machen“. (Foto: Claus Schunk)

Die München Iguanas ziehen nach dem verlorenen Pokal-Halbfinale in eigener Halle eine positive Saisonbilanz.

Von Sebastian Winter, München

Florian Machs Ausbeute hielt sich in Grenzen. Mit acht Punkten half der 23-jährige Center am vergangenen Samstag seinen RBB München Iguanas im Pokal-halbfinale gegen die Thuringia Bulls. Er war viertbester Werfer seiner Mannschaft, hinter Kim Robins (19), Gabriel Robl (19) und Sebastian Magenheim (10). Das Quartett erzielte zusammen 56 der 60 Münchner Punkte, auch das waren viel zu wenige, um den späteren Pokalsieger aus dem Erfurter Vorort Elxleben (der übrigens 2018 die Champions League gewann) in der Säbener Halle ernsthaft in Gefahr zu bringen. Das Endergebnis lautete 60:95. Und so war es für Iguanas-Trainer Benjamin Ryklin an der Zeit, sich für die kleinen Dinge zu begeistern - und für die grundsätzlichen.

Da war zum einen Urs Rechtsteiner, 19, der vergangenen Sommer verpflichtete Jung-Iguana, der die gesamte Saison über verletzt war und am Samstag erstmals für die Münchner spielte. Die Nummer 99 kam fünf Minuten vor dem Ende aufs Feld, und dem Debütanten gelang sein erster Korb, zugleich waren es die letzten Punkte des Spiels vor der Schlusssirene.

Da war auch Ryklins Frau Johanna Welin, die bei den Paralympics in London Gold und bei den Spielen 2016 Silber mit den deutschen Rollstuhlbasketballerinnen gewonnen hatte. Diese Saison konnte auch sie, wie Rechtsteiner, wegen einer langwierigen Verletzung nicht spielen, Ryklin berichtete gar nach dem Halbfinal-Aus im Pokal, dass sie zwei Monate in der Klinik gelegen habe. Von einem "Höllenritt" sprach der Iguanas-Coach, "mit Johanna im Krankenhaus, dem Training, und mein Sohnemann zu Hause. Es war für die Spieler, aber auch für mich sehr, sehr, sehr anstrengend". Auch wegen dieser Widrigkeiten zeigte sich Ryklin sehr zufrieden mit der Saison, die die Münchner ja nicht nur erstmals ins Pokal-Final-Four, sondern auch erstmals ins Playoff-Viertelfinale geführt hatte - wo die Iguanas das entscheidende Spiel in Hamburg erst 0,6 Sekunden vor der Schlusssirene verloren.

Drittens waren da eben auch noch Florian Mach und Gabriel Robl, 23, der eine mehr, der andere weniger erfolgreich gegen die Bulls. Das Duo teilt sich nicht nur die Center-Position, sondern hat auch ein zweites Alleinstellungsmerkmal im Team. Robl und Mach sind Fußgänger, sie haben keine Behinderung und sind somit auch nicht wie die anderen im Team auf den Rollstuhl angewiesen. Weil sie aber Rollstuhlbasketball und seine integrative Bedeutung lieben gelernt haben, sind sie inzwischen ein wichtiger Teil der Iguanas. Und damit auch ein gutes Beispiel dafür, wie reibungslos gemeinsamer Spitzensport in inklusiven Teams funktionieren kann.

Ihr Vorteil ist, dass sie durch ihre Beweglichkeit aufrechter sitzen können und damit mehr Reichweite haben. Ihr Nachteil: Spieler ohne Handicap werden auch "Viereinhalber" genannt, sie haben den höchsten Wert aller Spieler auf dem Feld. Da ein Gesamtwert von 14,5 nicht überschritten werden darf, sind die Viereinhalber ganz automatisch in der Unterzahl. "Flo und Gabriel sind durch und durch Rollstuhlbasketballer. Flo muss sich nun aufs Taktische konzentrieren, um den nächsten Schritt zu machen", sagt Ryklin. Ende April kann Mach schon mal dafür üben - da spielen die Iguanas gegen den französischen Ausrichter Handibasket Le Puy en Veley und drei andere Klubs um die Eurocup-Qualifikation.

© SZ vom 03.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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