Richard-Strauss-Festival:Weg von "Großkopferten"

Lesezeit: 2 min

Elisabeth Koch. (Foto: Susi Knoll)

Die Pläne von Bürgermeisterin Elisabeth Koch

Von Sabine Reithmaier

Intensiv sei die Debatte gewesen, sagt Elisabeth Koch (CSU), die Bürgermeisterin von Garmisch-Partenkirchen. Und lang. Die Gemeinderäte tagten am vergangenen Donnerstag bis 23.30 Uhr, natürlich nicht nur, aber auch wegen des Richard-Strauss-Festivals. Das eigentliche Thema - das neuerliche Stopfen finanzieller Löcher in den Bilanzen des Richard-Strauss-Festivals - beschäftigte sie nicht lang, sie genehmigten die zusätzlich notwendigen Summen mit großer Mehrheit. Doch sie wollten ausgiebig darüber diskutieren, wie es nach dem Abgang von Alexander Liebreich mit dem Festival weitergehen soll.

Das berichtet jedenfalls die Bürgermeisterin. Sie vertritt den Standpunkt, das Festival dürfe auf keinen Fall sterben. "Aber wir müssen uns Zeit zum Nachdenken geben", sagte sie am Freitagmorgen am Telefon. "Wir können nicht einfach etwas aus dem Boden stampfen, nur damit was gemacht ist." Eine Tendenz im Gemeinderat glaubt sie aber klar ausgemacht zu haben: Das Festival soll verkleinert werden, nicht mehr so "großkopfert" sein und regionale Künstler, vor allem junge, einbinden. Ein Festival aus eigener Kraft also, das allerdings noch nicht geplant werden kann, weil: "Ich kenne die Kassenlage noch nicht."

Bis zur Sitzung im August glaubt die Bürgermeisterin sagen zu können, wie viel Geld vorhanden ist. "Also werden wir dort die Zukunft beschließen." Im Finanzplan sind 330 000 Euro fürs Festival vorgesehen, die Summe solle in jedem Fall für Kultur verwendet werden, da ist sich Koch sicher. Unsicher ist, ob die Veranstaltungen unter dem Label Richard-Strauss-Festival laufen werden. "Der Name ist eine Marke, ich weiß nicht, ob wir nächstes Jahr was hinkriegen, das diesen Namen verdient." Auch weil das Coronavirus die Planung erschwert. Aber dafür nimmt die gemeinnützige GapaKultur gGmbH, letztlich das von Liebreich ersehnte Betriebsbüro, in diesen Tagen die Arbeit auf.

Ein Wort des Bedauerns über den Rückzug Liebreichs verliert Elisabeth Koch nicht. Sie habe mit dem Rücktritt gerechnet, sagt sie. "Es war zu offensichtlich, dass wir ein Festivalkonzept wie bisher nicht mehr weiterverfolgen können." Da der Gemeinderat wegen der ungeklärten Finanzlage nicht rechtzeitig sagen konnte, was 2021 möglich sein wird, sei sein Abgang verständlich. "Er kann nichts mehr so umsetzen, wie er es möchte, wir können seine Ansprüche nicht erfüllen." Auf eine "bemühte Low-Budget-Produktion" könnten beide Seiten verzichten. Noch eine Ansage macht sie: "Wir werden nie ein Konzerthaus kriegen, somit können wir nie den Ansprüchen von Dirigenten und Musikern genügen." Aber dafür hat der Markt ein eben renoviertes Skistadion mit einer neuen "tollen Eventfläche" und viel coronagerechten Platz fürs Publikum. Die Musik von Strauss müsse ohnehin draußen vor der spektakulären Bergkulisse gespielt werden, sagt Koch und schwärmt, wie beim Telefonat tags zuvor, von der "Alpensinfonie", gerade so als wäre das Werk bisher zu selten im Festival aufgetaucht. Dabei wurde der Dauerbrenner erst 2018 gespielt, im Innenhof von Kloster Ettal, und 2017 dirigierte Liebreich selbst das Werk im Abschiedskonzert für seine Vorgängerin Brigitte Fassbaender.

Strauss sei bisher in immer höhere Sphären geführt worden, weg von den Normalsterblichen, sagt Koch und meint damit vermutlich, dass viele Garmisch-Partenkirchner wenig mit der Musik des prominenten ehemaligen Mitbürgers anfangen können. Aber sie weiß auch dafür ein Rezept: Im Markt gebe es "begnadete Musiker". Und wenn die Strauss' Variationen über ein bayerisches Volkslied spielen würden, verwandle sich jeder sofort in einen Strauss-Fan. Das Stück für Streichtrio wurde erst 2019 im Festival aufgeführt, allerdings in einer Matinee auf Schloss Elmau, damit an einem Ort, an dem sich eher nur, um bei Kochs Definition zu bleiben, "Großkopferte" aufhalten.

Dass sich der Freistaat im Falle einer Provinzialisierung aus der Förderung des Festivals zurückziehen könnte, sorgt sie nicht. "Wenn er das täte, würde ich die Welt nicht mehr verstehen."

© SZ vom 01.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: