Restaurant No. 5:Keine Experimente

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Ein gelungener Kompromiss: Bodenständige und doch ambitionierte Küche auf mittlerem Preisniveau bietet das Restaurant No. 5 in der Thierschstraße.

Felix Mostrich

Gaststätten, die keine Serviermöglichkeit im Freien haben, also an warmen Tagen weder in einen Hof noch auf den Gehsteig hinaus erweitert werden können, haben im biergartenseligen München auf Dauer nur geringe Überlebenschancen. Selbst in einem strategisch günstig gelegenen, angenehm eingerichteten Restaurant wie dem NO. 5 in der Thierschstraße bekommen die Betreiber im Sommer die Vorlieben der Münchner gnadenlos zu spüren, denn der Gehsteig darf hier nicht benutzt werden.

Gut austariert zwischen bodenständiger und ambitionierter Küche: das No. 5. (Foto: Foto: Catherina Hess)

Beim letzten Wirtewechsel wurden darum die Fenster zur Straße durch hohe Fenstertüren ersetzt, die sich im Sommer so weit öffnen lassen, dass die Gäste hier direkt Kontakt ins Freie haben. Das junge, freundliche Team, das seit zwei Jahren das Lokal betreibt, konnte die Vorteile dieses Umbaus in diesem Jahr freilich kaum genießen, weil in den warmen Sommerwochen die Straßen am Isartor, der Trambahntrasse wegen, metertief aufgebaggert waren.

Die neuen Wirtsleute scheinen den Ehrgeiz zu haben, auf einem mittleren Preisniveau gute bis gehobene Qualität zu bieten. Dieses ehrenwerte Ziel ist am ehesten zu erreichen, wenn sich die Küche auf bewährte Rezepte beschränkt, also waghalsige Experimente gar nicht erst versucht.

Der Publikumsliebling: "Getrüffelte Überraschungseier"

Bei täglich wechselnden Gerichten würde das Durchschnittsniveau zwangsläufig immer wieder mal nach unten oder oben ausscheren. Gäste, die auf jahreszeitliche Varianten und kreative Sonderleistungen Wert legen, mögen die Speisekarte im No. 5 mit ihren drei bis fünf immer gleichen Vor-, Haupt- und Nachspeisen deshalb für uninspiriert halten, mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis aber werden sie sicher einverstanden sein.

Von den Kreationen des Kochs, die man gerne wiederbestellt, ist das "Getrüffelte Überraschungsei" fraglos das originellste. In einem eiförmigen Keramiktopf wird schaumig geschlagenes gewürztes Eiweiß so angebacken, dass es den rohen Dotter des Eis tragen kann; in einem zweiten Vorgang wird dann der Rest des Eiweißes in dem eiförmigen Deckel schaumig darübergebacken, so dass ein etwa doppeltgroß-luftiges, herrlich duftig schmeckendes Ei, in dem der weiche Dotter eingebettet ist, auf dem Spinatbett angerichtet werden kann. Nicht nur die ungewöhnliche Konsistenz von Eiweiß und Eigelb, auch der feine Duft der darüber gehobelten Trüffelsplitter macht dieses handwerkliche Gesellenstück zum Publikumsliebling.

Doch auch die anderen Vorspeisen - sie kosten zwischen 7,50 und 10,50 Euro - halten den Vergleich mit dem, was zu diesen Preisen anderswo in München angeboten wird, gut aus. So ist die kräftig schmeckende Kartoffelsuppe mit Spänen von weißen Trüffeln und gesottenen Rinderfiletscheiben angereichert. Und das Carpaccio vom Weideochsen wird durch Streifen einer milden Dijonsenfsauce, die schachbrettförmig über das rohe Fleisch gelegt sind, ästhetisch wie geschmacklich schön veredelt.

Beim Wiener Schnitzel, das zu den Bestsellern des Hauses zählt, sorgen das feine Fleisch, die herzhafte Panade und die Fassbutter, in der das Stück gebraten wird, für einen runden Genuss. Den Zander hätten wir uns freilich durchaus zarter und saftiger vorstellen können; er war beim Braten an den Rändern ein wenig eingetrocknet; die guten Beilagen - geschmorter Chicoree und delikates Orangen-Kürbis-Cous-Cous - konnten den Mangel nicht ganz wettmachen.

Ein gelungener Kompromiss

Hauptspeisen dieser Größenordnung kosten zwischen 17 und 23 Euro. Bei saisonalen Spezialitäten wie Fasan mit Champagnerkraut oder Gans mit Zwetschgenrotkohl können auch einmal 26,50 Euro veranschlagt sein. Wer sich auf so etwas einlässt, wird den Preissprung rasch begreifen.

Die Brust vom Fasan zählt zum Feinsten, was in den Wildgeflügelabteilungen der Großmärkte noch regelmäßig auftaucht; doch die Gefahr, dass man an ein älteres Individuum gerät, das beim Garen hart wird, ist groß. Im No. 5 wird die ausgelöste Brust in flache Scheiben geschnitten, zur Roulade gerollt und so fest mit hauchdünnen Speckscheiben umwickelt, dass der Inhalt geschmeidig bleibt und seinen wunderbaren Eigengeschmack behält.

Wer Gans bestellt, sollte auf Vorspeisen verzichten; denn das von den Knochen gelöste Tier wird in vier mächtige Portionen aufgeteilt, die mit Knödel und viel Sauce einen ganzen Mann erfordern. Unter der krossen rotbraunen Haut behält das Brustfleisch der Gans, das ja gerne fasrig wird und dann grau und mulmig schmecken kann, seine Vitalität.

Auch bei den Getränken bemüht sich das Team von No. 5 um einen guten Kompromiss zwischen Bodenständigem und Ambitionierterem. So bietet die Karte neben zwei Biersorten vom Fass je drei bis vier gute offene Weiß- oder Rotweine und eine schöne Auswahl an Flaschenweinen. Mit dem herrlich filigranen Schiefer-Riesling vom Mosel-Weingut Grans-Fassian etwa verschafft man sich zum Preis von 23,50 Euro Einlass in die oberen Weißwein-Regionen.

RESTAURANT NO. 5, Thierschstraße 5, Telefon 24216150. Montag bis Freitag 11.30 bis 14.30 Uhr und 18 bis 24 Uhr. An Samstagen nur abends geöffnet.

© SZ vom 30.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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