Regenerative Energiequellen:Klimaschutz im Nebel

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Die Stadtwerke investieren in regenerative Energiequellen - die konkreten Projekte bleiben jedoch geheim.

Berthold Neff

Das Ziel ist ehrgeizig: Bis zum Jahr 2020 sollen es die Stadtwerke München (SWM) schaffen, dass ein Fünftel ihres selbst produzierten Stroms aus regenerativen Energiequellen stammt. Das würde reichen, um alle Münchner Privathaushalte zu versorgen. Über den Weg dahin lassen die Stadtwerke allerdings kaum etwas verlauten. Der öffentliche Teil der Stadtratsvorlage zum "Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2020" ist eine einzige Geheimniskrämerei.

Auf den Meeren dieser Welt wollen die Stadtwerke in Windparks investieren, aber sie sagen öffentlich nicht, wo. Das Foto zeigt den im Jahr 2000 eröffneten Windpark Middelgunden in Dänemark, damals der weltweit größte. (Foto: Foto: ddp)

Begründet wird dies damit, dass die Stadtwerke Projekte der Geothermie, Wasserkraft, Windkraft sowie Solarenergie meist nur in Kooperation mit Partnern durchziehen können, mit denen "verbindliche Vertraulichkeitsvereinbarungen abzuschließen" seien. Ein Bruch dieser Vereinbarungen hätte zur Folge, dass die Stadtwerke sogar Schadensersatz leisten müssten, zumindest aber ihre "geschäftliche Reputation" verlören.

Deshalb ist der Bericht über die Öko-Aktivitäten der Stadtwerke reichlich nebulös gehalten. "In den einzelnen Technologiesegmenten wird aktuell ein Projektportfolio mit Projekten unterschiedlicher Entwicklungsstadien bearbeitet", heißt es einleitend, und so unkonkret geht es dann auch weiter. Nicht einmal bei Projekten, die von den Stadtwerken im Sommer per Pressedienst groß verkündet wurden, werden Namen genannt. Man habe, so der Bericht, "gemeinsam mit einem Partnerunternehmen in München Einigkeit über die gemeinsame Errichtung von zwei Photovoltaikparks in Deutschland erzielt".

Dabei war in der Rathaus-Umschau vom Juli nachzulesen, dass es sich dabei um eine Kooperation mit der Gehrlicher Solar AG mit Sitz in Haar handelt, dass der Solarpark in Helmeringen (zwischen Ulm und Günzburg gelegen) bereits 2008 in Betrieb gehen soll und als nächstes ein doppelt so großes Solarwerk in den neuen Bundesländern geplant ist.

Und welche Projekte treiben die Stadtwerke sonst noch voran, schweigen aber darüber? Da wäre zum Beispiel der Erwerb eines Bergrechtes zur Erschließung einer Geothermiebohrung mit der Option auf eine Verstromung der Erdwärme, wobei mit dem Verkäufer vereinbart wurde, über die Transaktion "bis auf weiteres Stillschweigen zu wahren". Kein Geheimnis ist freilich, dass "im Fokus der Projektaktivitäten solche Bergrechte stehen, die von den geologischen Verhältnissen her eine Verstromung der Erdwärme ermöglichen".

Stillschweigen bewahren die Stadtwerke auch über jene Vorhaben, bei denen sie gar nicht zum Zuge kamen. Etwa bei einem Projekt "zum Erwerb mehrerer deutscher Windparkgesellschaften von einem internationalen Investmentunternehmen". Man habe zwar die Finalrunde des Bieterverfahrens erreicht und auch ein Angebot abgegeben, aber "der Zuschlag wurde nicht erteilt".

Abgebrochen wurden auch die Verhandlungen mit einem - namentlich nicht genannten - Partner, dessen Großprojekt für einen Windpark im Meer nach Ansicht der Stadtwerke "keine wirtschaftlich stabile Basis" ermöglichte und mittlerweile von einem institutionellen US-Großinvestor übernommen wurde. Die Verhandlungen für ein anderes Vorhaben dieser Art befänden sich "in einer fortgeschrittenen Phase". Die Stadtwerke versichern aber, keinesfalls "Mondpreise" für solche Windparks zu zahlen, sondern sich nur für "solide gerechnete, wirtschaftliche Projekte" zu interessieren. Dazu zählen die Stadtwerke offenbar auch solarthermische Kraftwerke in südlichen Ländern. Die dort angewandte Technologie sei seit 20 Jahren bewährt. Zusammen mit einem "technologisch starken Partner" wollen die Stadtwerke in diesem Bereich gleich mehrere Projekte verwirklichen.

Ross und Reiter nennen die Stadtwerke nur bei einem Vorhaben, und zwar beim Bau des neuen Praterkraftwerks mitten in der Stadt zusammen mit der Green City Energy GmbH. Dafür sei bereits die Ausschreibung für die Turbine angelaufen. Obwohl die Lage auf diesem Markt wegen der hohen Investitionen in China angespannt sei, lägen der Praterkraftwerk GmbH drei Angebote namhafter Hersteller vor. Die Ausschreibung für den Betonbau soll noch in diesem Herbst erfolgen.

Entfällt die Geheimhaltungspflicht aber wenigstens für jene Projekte, die erfolgreich abgeschlossen, endgültig gescheitert oder längst angelaufen sind? "Üblicherweise ja", sagen die Stadtwerke, die "eingegangenen Vertraulichkeitsverpflichtungen" müssten dann im Prinzip nicht mehr beachtet werden. Man werde dann, so das Versprechen der Stadtwerke, "unverzüglich über dieses regenerative Energieprojekt berichten".

© SZ vom 20.11.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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