Rechtsstreit:Fall Gurlitt neu aufrollen

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Die Kunsthistorikerin Ehringhaus und der Dokumentarist Remy unterstützen die klagenden Juristen

Kritische Stimmen hinsichtlich des Umgangs mit Cornelius Gurlitt gab es schon früh. Die Berliner Provenienzforscherin Sibylle Ehringhaus forderte bereits 2013, die Sammlung an ihren Besitzer zurückzugeben. Die Kunsthistorikerin hatte seinerzeit zu den Ersten gehört, die die beschlagnahmten Werke in Händen hielten.

Ehringhaus gilt als Expertin für Kunst des 19. Jahrhunderts. 2012 hatte sie mit einem kleinen Werkvertrag in der Koordinierungsstelle Magdeburg (Lost Art) gearbeitet, dem heutigen Deutschen Zentrum Kulturgutverluste. Ihr Auftrag war bereits beendet, als sie Andrea Baresel-Brand, heute Leiterin des Fachbereichs Lost Art im Zentrum, im September 2012 bat, mit nach München zu kommen und beschlagnahmte Bilder durchzusehen. "Ich hatte weder einen Vertrag noch einen irgendwie schriftlich fixierten Auftrag", erinnert sich Ehringhaus im Gespräch mit der SZ. "Aber damals musste alles ganz schnell gehen, top geheim war die Sache auch." Mit einer dritten Kunstexpertin hätten sie sich seinerzeit auf den Weg nach München gemacht. Dort hatten sie laut Ehringhaus genau 48 Stunden Zeit, um die Bilder im Depot der Spedition Hasenkamp in Garching durchzusehen.

Ehringhaus weiß bis heute nicht, warum der Zeitraum so knapp bemessen war. "Das reichte gerade, um jedes Werk einmal in die Hand zu nehmen", sagt sie. Über die Hintergründe der Sammlung wusste sie damals nichts. Was ihr auffiel, sei der gute Zustand der Werke gewesen. "Das ist bei einer privaten Sammlung nicht selbstverständlich." Trotzdem habe sie intuitiv ein mulmiges Gefühl gehabt, sagt sie heute. In der Folge lehnte sie es ab, weiter mitzuarbeiten. "Vielleicht, weil ich durch meine Auftraggeber für das Thema Privateigentum sensibilisiert war." Als sie 2013 in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen ihre Kritik am Umgang mit Gurlitt offen äußerte und forderte, die Sammlung müsse ihm zurückgegeben werden, habe sie einen Brief von der Koordinierungsstelle erhalten, der sie massiv angriff. Sie freue sich, dass jetzt von juristischer Seite Position bezogen und die Angelegenheit noch mal aufgerollt werde. "Egal, was rauskommt", sagt sie.

Der Münchner Dokumentarfilmer und Autor Maurice Philip Remy hat 2013 einen Film über den Fall ("Der seltsame Herr Gurlitt") für Arte produziert und 2017 eine 560 Seiten umfassende Dokumentation vorgelegt mit dem Titel "Der Fall Gurlitt. Die wahre Geschichte über Deutschlands größten Kunstskandal". In dem Werk spürte er der Geschichte der Sammlung von Cornelius' Vater Hildebrand Gurlitt nach und untermauerte seine Sicht auf die Dinge mit mehr als 2000 Textbelegen. Den Abschlussbericht der 2013 eingesetzten "Taskforce" zur Provenienzforschung an die Staatsministerin Monika Grütters vom 14. Januar 2016 bewertete er negativ. Zur nun gestellten Anzeige sagt er: "Was passiert, wenn Fehler für Politiker und Beamte keinerlei Konsequenzen mehr haben, führt uns die gegenwärtige Lage schmerzhaft vor Augen. Deswegen unterstütze ich die Initiative von Hoeren und Wasmuth ohne Wenn und Aber. Gerechtigkeit für Cornelius Gurlitt, besser spät, als nie."

© SZ vom 31.03.2021 / her, srh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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