Querelen um Museum:Haus der Rechenkünstler

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Unter Druck: Okwui Enwezor, Direktor im Haus der Kunst. (Foto: Robert Haas)

Okwui Enwezor steht in der Kritik. Nun interessieren die Querelen im Unterstützerverein vom Haus der Kunst auch den Landtag: Bayern schießt mehr Geld zu als geplant. Ein Grünen-Politiker spricht von von finanzieller Intransparenz - und von Führungsversagen.

Von Christoph Wiedemann

Das Haus der Kunst hat offenbar mit größeren finanziellen Problemen zu kämpfen. Wie aus einem Bericht für den Landtag hervorgeht, musste der Freistaat bereits 2012 für eine Deckungslücke von 534 000 Euro einspringen. Angesichts wegbrechenden Sponsorengelds und ungeklärter Fragen, wie das Haus auch an Externe vermietet werden kann, dürfte der Fehlbetrag noch steigen.

Nach SZ-Informationen wird es daher am Mittwoch bei der Mitgliederversammlung des Unterstützervereins nicht nur um interne und persönliche Querelen gehen, sondern auch um die Zukunft des traditionsreichen Münchner Ausstellungshauses.

Der Zuschuss des Freistaates Bayern schrumpfte 2011

Seit 2010 erhält der Landtag auf Antrag von Sepp Dürr, Kultur- und rechtspolitischer Sprecher der Grünen, einen jährlichen Bericht über die Lage im Haus der Kunst. Aus den Zahlen, die darin enthalten sind, geht hervor, dass das Haus der Kunst seit 2004 jährlich aus Eintrittsgeldern, Katalogverkäufen und ähnlichem um die 900 000 Euro erwirtschaftet. Ausreißer-Jahre waren 2009 und 2007, als der damalige Direktor Chris Dercon mit den Einzelausstellungen von Ai Weiwei und Andreas Gursky Publikumsrenner verbuchen konnte. Seinerzeit betrug der Eigenbeitrag zur Finanzierung des Etas jeweils fast zwei Millionen Euro.

Hinzu kamen bis 2012 Gelder aus Vermietungen in Höhe von mehr als 800 000 Euro. Der Zuschuss des Freistaates Bayern betrug in den Jahren zwischen 2004 und 2010 konstant 3,178 Millionen Euro, wurde allerdings von 2011 an auf 2,9 Millionen abgesenkt; bei einem Gesamtetat in Höhe von sieben Millionen Euro im Jahr 2012 . Neuere Zahlen liegen noch nicht vor, lassen aber angesichts schwindender Privatspenden kaum eine Besserung erwarten. Gravierendster Einschnitt: Das Wegbrechen von jährlich 500 000 Euro Spendengeld der Schörghuber-Unternehmensgruppe, die mit Wirkung zum 1. Juli 2014 auch aus dem Aufsichtsrat der Stiftung Haus der Kunst ausscheiden.

Museum dümple "führerlos vor sich hin"

Sepp Dürr moniert zum wiederholten Male die Intransparenz der Finanzsituation. Das Haus der Kunst dümple "führerlos vor sich hin" und könne "sich weder für eine ,nachfrageorientierte' Bespielung, also für mehr Einnahmen, noch für eine kunstorientierte, also für mehr Akzente, entscheiden". Die Verantwortung sieht er beim Kultusministerium und bei Minister Ludwig Spaenle.

Vor der am Mittwochabend anstehenden Mitgliederversammlung der Gesellschaft der Freunde des Hauses der Kunst, die in den vergangenen zehn Jahren den Etat mit bis zu 600 000 Euro unterstützten, nimmt nunmehr die Verwirrung weiter zu. Der in sich tief gespaltene Förderverein soll einen neuen Vorstand wählen. Die Gräben zwischen der Anhängerschaft des langjährigen Vorstandes Andreas Langenscheidt und dessen Gegenkandidatin Katrin Stoll scheinen immer tiefer zu werden. Gleichzeitig wächst der Unmut in dem von Austritten geplagten Kuratorium.

Außer der Sponsorensuche steht auch eine Sanierung an

Ein Konflikt, der mittlerweile auch im Kultusministerium zunehmend Besorgnis zu erregen scheint. Ministerialdirigent Toni Schmid, als Abteilungsleiter im Ministerium unter anderem zuständig für Kunst, sieht auf Nachfrage die Beilegung dieser Differenzen auch als eines von drei Problemfeldern, die es zu lösen gilt, um das Haus der Kunst zukunftssicher zu machen. Es wäre hilfreich, so sein Kommentar, wenn am Mittwochabend von den Freunden ein Signal käme, dass die Mitglieder wieder bereit wären, an einem Strang zu ziehen. Die zweite große Herausforderung liege darin, neue Sponsoren zu finden. Über allem aber stehe die nunmehr in Angriff zu nehmende Sanierung.

Ein ungelöstes Problem dabei: Für den seit langem kaum genutzten und leer stehenden Westflügel des Hauses muss eine sinnvolle Nutzung gefunden werden. Bisher konnte man nicht reagieren, da der Flächenzuwachs nicht durch eine entsprechende Aufstockung des Ausstellungsetats zu kompensieren war. An die Freunde des Hauses der Kunst war deshalb vor einiger Zeit die Bitte herangetragen worden, eine Machbarkeits- und Konzeptstudie zu finanzieren. Etwa 100 000 Euro wären dafür notwendig. Allerdings widerspräche eine derartige Finanzierung durch die Freunde der gültigen, nur auf die Unterstützung von Kunstprojekten beschränkten Satzung. Diese müsste also geändert werden, was am Mittwochabend neben all dem anderen Konfliktpotenzial als Tagesordnungspunkt auch noch abzuhandeln wäre.

Anders als manche Unterstützer hat Schmid an der Arbeit des derzeitigen Direktors Okwui Enwezor aber nichts zu kritisieren. Auch nicht an seiner Doppelfunktion als Chef im Haus der Kunst und Leiter der Biennale 2015 in Venedig. Im Gegenteil: Gerade daraus erwachse dem Haus der Kunst zukünftig noch mehr internationales Renommee, denn mit Enwezor habe man jetzt einen Documenta- und Biennale-Leiter nach München verpflichtet.

© SZ vom 01.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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