Prozess:Mehr als eine halbe Million abgezweigt: Buchhalterin muss ins Gefängnis

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  • Die alleinerziehende Mutter von vier Kindern ließ Rechnungen doppelt abbuchen.
  • Lange fiel selbst Wirtschafts- und Steuerprüfern nichts auf, weil die Umsätze der Firma so hoch waren.
  • Jetzt droht dem Unternehmen die Insolvenz.

Von Christian Rost

Die Mitarbeiterin eines Unternehmens am Münchner Flughafen hat 540 000 Euro veruntreut und ihren Arbeitgeber damit an den Rand einer Insolvenz gebracht. Über Jahre war es bei der Firma, die Business- und Ambulanzflüge anbietet, niemandem aufgefallen, dass die alleinerziehende Mutter von vier Kindern die Buchhaltung manipulierte und sich Geld aufs eigene Konto überwies.

Nun musste sie sich wegen Untreue in 168 Fällen vor der 8. Strafkammer am Landgericht München I verantworten. Weil sie bereits einschlägig vorbestraft ist, kam sie um eine längere Haftstrafe nicht mehr herum.

Die Summe habe sie "schier umgehauen"

Die Frau war den Tränen nahe, als sie ein umfangreiches Geständnis ablegte. Dabei tat sie sich aber nicht selbst leid, sie dachte an ihre Kinder, die nun damit leben müssen, dass ihre Mutter im Gefängnis sitzt. Dabei hatte die 49-Jährige im Oktober 2011 auch wegen ihrer Kinder damit begonnen, Geld vom Konto ihres Arbeitgebers abzuzweigen.

Anfangs waren es noch 1000 Euro, über die Jahre bis März 2015 steigerten sich die Beträge aber auf mehr als 10 000 Euro. Das Geld habe sie zunächst für ausstehende Mietzahlungen verwendet, sie habe befürchtet, ihre Wohnung zu verlieren. In eine finanziell prekäre Situation sei sie gekommen, weil ihr geschiedener Mann keinen Unterhalt gezahlt habe.

Das Geld von ihrem Arbeitgeber auf ihr Konto umzuleiten, sei "so einfach" gewesen, sagte die Angeklagte. "Dann hat sich das verselbständigt." Sie habe gar nicht gewusst, wie viel Geld sie genommen habe. Als sie die Polizei mit der Summe konfrontierte, habe sie das "schier umgehauen", so die studierte Betriebswirtin.

Die Firma zahlte Rechnungen doppelt

Ihre Bank hatte aufgrund der ungewöhnlichen Geldeingänge auf ihrem Konto wegen des Verdachts der Geldwäsche Anzeige erstattet. Ein Kriminalbeamter fand dann heraus, dass sie in ihrer Firma Rechnungen doppelt buchte. Das Unternehmen zahlte also Rechnungen und denselben Betrag noch einmal auf das Konto der Mitarbeiterin. Verwendet hat sie das Geld für ihren Lebensunterhalt. Die Frau habe über ihre Verhältnisse gelebt, so der Polizist.

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Der Geschäftsführer der Firma fiel aus allen Wolken, als er erfuhr , dass ihn seine Mitarbeiterin, die er auch zu seiner Hochzeit eingeladen hatte, um mehr als eine halbe Million Euro gebracht hat. Drei Steuerberatern, einem Wirtschaftsprüfer und selbst den Steuerprüfern vom Finanzamt sei das nicht aufgefallen, berichtete der Pilot. Er habe davon nichts bemerkt, weil die Umsätze relativ hoch gewesen seien. Nun drohe seiner Firma die Insolvenz.

Die Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten, das Gericht orientierte sich jedoch am Antrag des Verteidigers Timo Westermann und verhängte viereinhalb Jahre Haft. "Sie haben ihre Vertrauensstellung übel ausgenutzt", sagte der Vorsitzende Richter Gilbert Wolf.

© SZ vom 05.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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