Prozess:Im Fokus des Nachbarn

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Gerichte mussten sich schon häufig mit dem Thema Videoüberwachung befassen. (Foto: dpa)

Die Videoüberwachung des eigenen Anwesens ist nicht immer zulässig - vor allem, wenn des Nachbar etwas dagegen hat.

Von Stephan Handel

Nichts beschreibt das Recht auf Privatsphäre besser als der alte amerikanische Grundsatz vom "Recht, in Ruhe gelassen zu werden". Im Zeitalter des Digitalen und der damit einher gehenden Miniaturisierung technischer Geräte ist dieses Recht gefährdeter denn je - davon zeugt nicht zuletzt eine umfangreiche Rechtssprechung, was die Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen, aber auch im Privaten angeht. Dass dieses Recht allerdings auch seine Grenzen hat, zeigt nun ein Urteil des Amtsgerichts München.

Es geht um zwei Nachbarn in Neuaubing, die sich offensichtlich schon seit längerem nicht grün sind. Weil das Anwesen des einen Nachbarn mehrfach beschädigt wurde, und zwar genau an der Stelle, wo der Wintergarten des anderen an sein Grundstück grenzt, installierte der erste dort zwei Überwachungskameras. Weil der andere meinte, die Kameras filmten in seinen Wintergarten, erstattete er Anzeige bei der Polizei, die daraufhin mit einem Durchsuchungsbeschluss vor der Tür stand. Allerdings stellten die Beamten fest, dass die Kameras nur das eigene Grundstück überwachten. Daraufhin klagte der Wintergarten-Nachbar.

Er glaubt nämlich, die Kameras seien sehr wohl in seinen Wintergarten gerichtet - man könne durch dessen Dach genau in die Linse der Kamera schauen. Eventuell habe der Nachbar von der anstehenden Durchsuchung Wind bekommen und die Kameras anders ausgerichtet. So oder so fühle sich die Familie unter "Überwachungsdruck", weil die Kameras ja jederzeit auf sie gerichtet werden könnten.

Damit hatte er aber bei der Amtsrichterin keinen Erfolg. Sie schaute sich Fotos an, auf denen ihrer Meinung nach genau zu erkennen sei, dass die Kameras nicht auf das Grundstück des Klägers ausgerichtet seien. Die Polizeibeamten bei der Durchsuchung hatten Bilder der Kameras auf dem Smartphone des Beklagten angeschaut und waren zum gleichen Ergebnis gekommen. Dass der Beklagte die Kameras ja vielleicht nur vorübergehend so ausgerichtet habe, sei ohne Belang: Er müsse nämlich, wollte er die Objektive auf die Nachbarn richten, "vom Fenster aus die unterhalb der Kamera liegende Dachfläche des dortigen Anbaus betreten und dann stehend die Kamera neu ausrichten, so dass eine entsprechende Veränderung den Klägern auch aufgrund ihrer äußerlichen Wahrnehmbarkeit nicht verborgen bliebe".

Schließlich berücksichtigte das Gericht auch noch einen anderen Rechtsstreit zwischen den gleichen Parteien, nur mit umgekehrten Vorzeichen: Da klagt der eine Nachbar gegen den mit dem Wintergarten wegen dessen Überwachungskameras. Dort nehme dieser, so das Gericht, "für sich ohne nähere Begründung das Recht in Anspruch, sein Grundstück - und aktuell auch Teile des öffentlichen Gehwegs vor dem Haus - mithilfe einer Überwachungskamera filmen und überwachen zu dürfen". Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (AZ: 213 C 15498/18)

© SZ vom 03.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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