Prozess gegen Zahnärztin:Lebenswerk in Flammen

Lesezeit: 2 min

  • Eine Zahnärztin ist vom Landgericht München I zu fünf Jahren Haft wegen schwerer Brandstiftung verurteilt worden
  • Die Frau soll an zehn Stellen in Praxis und Wohnung Feuer gelegt haben - während sich noch Menschen im Haus aufhielten.
  • Sie leugnete die Tat bis zuletzt - und äußerte vor Gericht eine ganz andere Sorge.

Von Christian Rost

Sie hat viele Tränen vergossen während des Prozesses und bis zuletzt ihre Unschuld beteuert. Die Indizien und Zeugenaussagen jedoch waren so eindeutig, dass bei der 12. Strafkammer am Landgericht München I keine Zweifel blieben. Das Gericht verurteilte die Zahnärztin Anja Z. ( Name geändert) am Donnerstag zu fünf Jahren Haft wegen schwerer Brandstiftung.

Die 62-Jährige hatte nach einem jahrelangen Trennungskrieg mit ihrem Mann, der ebenfalls Zahnmediziner ist, in einem Jugendstilhaus am Herzogpark Feuer gelegt. Ihr drohte am Tag nach der Tat die Zwangsräumung der von ihr genutzten Praxis und Wohnung in dem Gebäude, die mittlerweile alleine ihrem Ex-Mann gehören.

Was der Frau vorgeworfen wird

Die Kammer unter dem Vorsitz von Thomas Hense zeigte sich überzeugt davon, dass sich Z. am 21. August 2013 in einem Baumarkt sieben Kanister Bioethanol besorgte und damit am nächsten Morgen an zehn Stellen in der Praxis und Wohnung in dem Haus an der Mauerkircherstraße Feuer legte.

Eine Nachbarin beobachtete die Ärztin zufällig von ihrem Küchenfenster aus. Die Zeugin sah zu, wie sich Z. kurz bückte und danach eine ein Meter hohe Flamme hochschoss. "Sie haben das Gericht gefragt, was Sie falsch gemacht haben", wandte sich Richter Hense an die Angeklagte: "Es war die Brandstiftung."

Im Haus hatten sich noch eine Frau mit ihrem vierjährigen Sohn, ein Au-pair-Mädchen und zwei Büroangestellte aufgehalten. Sie wurden nicht verletzt, weil die Nachbarin Alarm geschlagen hatte. Dennoch entstand in den betroffenen Räumen ein Schaden in Höhe von 730 000 Euro.

"Ausnahmesituation" durch Scheidungskrieg

Staatsanwalt Klaus Hartleb forderte für die Angeklagte eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten. "Die Praxis war ihr Lebenswerk", das sie keinesfalls habe aufgeben wollen, so der Ankläger zum Motiv. Er hielt Anja Z. zugute, dass sie sich in einer "Ausnahmesituation" befunden habe.

Seit 2003 tobte ein Ehe- und Scheidungskrieg mit ihrem Mann, mit dem sie in dem Jugendstilhaus jahrelang gemeinsam eine erfolgreiche Zahnarztpraxis betrieben und mit dem sie zwei Töchter bekommen hatte. Nach der Scheidung erhielt der Vater das Sorgerecht und gründete eine eigene Praxis. Das gemeinsame Vermögen ließ er per Teilungsversteigerung aufteilen und übernahm auch den Anteil seiner Frau an der von ihr nach wie vor genutzten Wohnung und Zahnarztpraxis.

Angeklagte leugnete Tat

Die Trennung hat die Frau nicht verkraftet. In ihrem letzten Wort vor Gericht sprach sie eine halbe Stunde lang über ihre schwierige Ehe. Die Tat leugnete sie: "Ich hab's nicht gemacht", sagte sie. "Kann man mich der Brandstiftung beschuldigen, nur weil ich von meinem Ex-Mann in Schwierigkeiten gebracht wurde durch Brutalität und Geldgier?"

Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, denn die Frau fügte mit Blick auf die Zwangsräumung ihrer Praxis sogleich noch an: "Das einzige, was noch übrig geblieben ist, sollte mir genommen werden." Nachdem sie die Räume in Brand gesetzt hatte, flüchtete sie mit ihrem BMW X5 aus der Stadt. Zielfahnder orteten ihr Handy auf einem Supermarktparkplatz in Kaiserslautern und nahmen sie fest. Anja Z. hatte selbst im Radio gehört, dass die Polizei nach ihr suchte. Schlimm daran fand sie, dass ihr Alter im Radio genannt wurde. "Ich sehe doch viel jünger aus", beklagte sie sich vor Gericht.

Durch Zufall einer Katastrophe entgangen

Verteidiger Hermann Borchert beantragte einen Freispruch für seine Mandantin, die die Tat ja leugne. Wie der Staatsanwalt sah Borchert bei Anja Z. nur eine eingeschränkte Schuldfähigkeit infolge einer jahrelangen depressiven Entwicklung. Eine so schwere psychische Störung, dass die Zahnärztin in eine geschlossene Einrichtung hätte eingewiesen werden müssen, stellten bei ihr aber weder psychiatrische Sachverständige noch die anderen Prozessbeteiligten fest.

Für den Fall einer Verurteilung bat der Verteidiger das Gericht um eine milde Strafe. Die Kammer orientierte sich aber am Staatsanwalt, der betont hatte, es sei nur durch Zufall nichts Schlimmeres passiert.

© SZ vom 23.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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