Pläne für Konzertsaal am Marstall:"Es ist ein Traum"

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Mariss Jansons und die Freunde seines Orchesters wollen am Münchner Marstall einen neuen Konzertsaal errichten. Jetzt hat Seehofer den Plänen zugestimmt.

Wolfgang Görl

Das mehrmals totgesagte Projekt, den Marstall an der Rückseite der Münchner Residenz in einen international konkurrenzfähigen Konzertsaal zu verwandeln, hat eine überraschende Wiederbelebung erfahren. Den Anstoß dazu hat der neue bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) gegeben, der beim Jahresempfang der Evangelischen Akademie in Tutzing sagte, er sei überzeugt, "dass wir in München einen Konzertsaal brauchen".

(Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Vorausgegangen war ein Gespräch Seehofers mit Mariss Jansons, dem Chefdirigenten des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunk, der seit geraumer Zeit den Neubau eines Konzertsaals fordert. Offenbar hat Janssons' Befürchtung, München werde ohne einen Saal mit höchster Klangqualität seinen Rang als führende Musikstadt verlieren, auf den Ministerpräsidenten Eindruck gemacht.

"Ich möchte dieses Projekt"

Auf SZ-Anfrage fügte Seehofer hinzu, er betrachtete einen Konzertsaal auf dem Marstallgelände als große Chance für die Kunst- und Kulturstadt München: "Ich möchte dieses Projekt. Wir müssen jetzt alle Hebel in Bewegung setzen, um es möglich zu machen."

Für den ehemaligen bayerischen Finanzminister Kurt Faltlhauser, der gemeinsam mit Jansons für den Konzertsaal kämpft, sind Seehofers Aussagen ein bedeutsamer Schritt in die richtige Richtung. Von einem Durchbruch zu reden, sei aber zu früh, denn noch müsse sich Seehofer mit dem Koalitionspartner FDP absprechen. Vorrangig wird es dabei ums Geld gehen, und das ist angesichts der Finanzkrise und des Landesbank-Desasters im Freistaat knapp. Kunstminister ist neuerdings der Liberale Wolfgang Heubisch, und der hat sich in puncto Finanzierung schon vor Wochen skeptisch geäußert.

Mindestens 120 Millionen Euro würde der Bau kosten, etwa ein Drittel der Summe sollen Sponsoren und private Spender locker machen sowie der Bayerische Rundfunk, dessen Orchester hier die seit langem ersehnte Heimat fände. Heubisch gibt sich auch nach Seehofers Vorstoß zurückhaltend: Ein neuer Konzertsaal sei zwar "wünschenswert", doch zuvor müsse man unter anderem klären, ob das Marstallgelände tatsächlich der richtige Standort sei und "welche Konstruktion eine solche Konzerthalle" haben solle.

Steter Quell für Streitereien

Das Marstall-Projekt ist seit Jahren ein steter Quell für Streitereien in Politik und Öffentlichkeit. Faltlhauser und Jansons machen dabei gehörig Dampf, insbesondere mit der Schreckensvision des kulturellen Niedergangs Münchens. Vor allem die Akustik der Münchner Musikhallen steht in der Kritik. Weder der Herkulessaal in der Residenz noch die Philharmonie im städtischen Kulturzentrum Gasteig können Jansons zufolge mit den besten Sälen mithalten.

"Was nützt es", klagt Jansons, "wenn wir sagen, wir sind die führende Musikstadt, und gleichzeitig gibt es keinen Saal mit einer Spitzenakustik." In aller Welt gebe es inzwischen exzellente Konzertsäle, wohingegen München so übel beleumdet sei, dass "viele Orchester hier nicht mehr spielen wollen". Faltlhauser warnt: "Hamburg baut die Elbphilharmonie, ein spektakuläres Vorhaben! Kann München in einem derartigen nationalen Wettbewerb zurückstecken? Sicherlich nicht."

Als Faltlhauser noch Finanzminister im Kabinett Stoiber war, hat die Staatsregierung per Ideenwettbewerb auszuloten versucht, ob das Marstallgebäude die Voraussetzungen für eine kulturelle Nutzung erfüllt. Der Marstall ist ein höfischer Prachtbau, um 1820 errichtet vom königlichen Baumeister Leo Klenze. Das marode Architektur-Monument, das derzeit dem Residenztheater als Kulissenlager, Werkstatt und Studiobühne dient, muss in jedem Fall saniert werden.

Marstall aufmöbeln, Konzertsaal-Problem lösen

Faltlhausers Hoffnung ist, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: den Marstall aufzumöbeln und damit gleichzeitig das Konzertsaal-Problem zu lösen. Als Sieger des Ideenwettbewerbs gingen die Berliner Kanzleramts-Architekten Axel Schultes und Charlotte Frank hervor. Ihr Entwurf sieht für die freie Fläche hinter dem Marstall einen Zwillingsbau in moderner Formensprache vor. Der Altbau würde als Foyer dienen, stünde aber auch für Ausstellungen, Vorträge und Theaterproben zur Verfügung.

Nach dem Ideenwettbewerb war das Projekt ins Stocken geraten. Stoiber und sein Nachfolger Beckstein hatten andere Probleme, die Finanzkrise schien dem Vorhaben endgültig den Garaus zu machen. Gleichwohl focht Faltlhauser, seit zwei Jahren nicht mehr im Amt, unverdrossen weiter. Er steht an der Spitze des Vereins "Konzertsaal Marstall", der Geld zu sammeln verspricht, sobald die Staatsregierung sich zum Bau entschließt. Faltlhauser schöpft jetzt neue Hoffnung: "Es ist ein Traum, wenn das realisiert würde."

© SZ vom 21.01.2009/pfau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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