Pilotenausstand:Streik belastet Reisebüros

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Lange Schlangen am Lufthansa-Schalter: Viele Kunden lassen sich auch von Reisebüros helfen, die durch den Streik unbrauchbare Tickets zurück nehmen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Der Ausstand der Lufthansa-Piloten bringt für die Agenturen eine deutliche Belastung mit sich. Sie kümmern sich um Umbuchungen und Stornierungen - doch den Mehraufwand bezahlt ihnen niemand

Von Andreas Schubert

Bei Birgit Lesjak steht dieser Tage das Telefon nur selten still. Derzeit streiken die Piloten der Lufthansa bereits zum 14. Mal in der laufenden Tarifauseinandersetzung. Und Birgit Lesjak, Chefin der Reiseagentur Travel Network in der Maxvorstadt, ist deswegen im Dauerstress. Gut 1700 Flüge musste die Lufthansa alleine am Dienstag und diesen Mittwoch streichen. Das bedeutet für die Reisebüros einen Aufwand, der sie auch finanziell belastet. Sie müssen ihre Kunden auf andere Flüge umbuchen oder innerhalb Deutschlands Zugtickets organisieren. Sie müssen Hotelzimmer ordern und natürlich die ausgefallenen Flüge rückabwickeln. Und für eine Rückabwicklung, sagt Lesjak, gebe es auch kein Geld.

Nicht nur der Lufthansa und deren Passagieren schadet der Ausstand der Piloten, worauf der Deutsche Reiseverband (DRV) schon seit Längerem hinweist. Der Verband kümmert sich unter anderem um die Interessen der Reisevermittler. So ein Streik ziehe einen volkswirtschaftlichen Schaden in Millionenhöhe nach sich, so der DRV. Geschäftsreisen müssten ausfallen, wodurch Geschäftsabschlüsse ausfielen, Dienstleistern in der ganzen Welt gingen Kunden und somit Umsatz verloren. Und damit das nicht unbedingt geschieht, versuchten die Reisebüros, kreative Lösungen zu finden, die ihre Kunden doch noch ans Ziel bringen. "Wir sind die eigentlichen Retter der Gestrandeten", betont Lesjak. "Denn wir sind erreichbar und nehmen uns Zeit für jeden Einzelnen." Durch den Streik unbrauchbare Tickets nehme man kostenlos zurück und suche nach Alternativen. "Möchten Sie wissen, ob wir für diese Arbeit von Lufthansa Geld bekommen?", fragt Lesjak. "Das ist leider nicht der Fall." Wer seinen Flug jedoch online gebucht habe und nun im Reisebüro Hilfe suche, dem könne sie nicht helfen. "Wir haben gar keinen Zugriff auf deren Reisedaten."

So geht es auch Kerstin Engelhardt, die in Ramersdorf ihr Büro "Internationales Reisen" betreibt und für ihre Kunden ausgefeilte Touren anbietet, die sich nicht so leicht von Laien im Internet buchen lassen. Umso aufwendiger wird es in solchen Fällen, wenn wegen eines hierzulande gestrichenen Fluges Anschlüsse verpasst werden. Dann muss der Reiseplan in manchen Fällen neu ausgearbeitet werden. "Hier wird Arbeit auf uns abgewälzt", sagt Engelhardt. Auch beim großem Reise-Anbieter DER häufen sich derzeit die Überstunden, wie Verkaufsleiter Peter Mühlleitner erklärt. Und die Kunden? Die hätten sich inzwischen fast schon an die Streiks gewohnt, sagt Mühlleitner. Sie wüssten aber den kostenlosen Service zu schätzen. Dieser Service von Reisebüros ist vor allem deshalb kostenlos, weil sie in den meisten Fällen die Umbuchungskosten vom Kunden bei stornierten Flügen gar nicht einfordern dürfen.

Dabei besteht für die Reisevermittler die Gefahr, dass sie dabei sogar doppelt draufzahlen, wie Birgit Lesjak erklärt. Buche sie etwa spontan einen Reisenden auf einen anderen Flug um, müsse dieser Flug eigentlich offiziell von der jeweiligen Airline autorisiert sein. Ist dies nicht der Fall, kann auf das Reisebüro eine Nachbelastung in Höhe des Flugpreises zukommen, das heißt: Der Kunde flöge, ohne extra zu bezahlen, auf den Kosten dafür bliebe das Reisebüro sitzen. "Wir fordern, dass die Reisebüros für den Mehraufwand entlohnt werden", sagt denn auch Torsten Schäfer, Sprecher des DRV. Diese Forderung richtet sich konkret an die Lufthansa. Doch derlei Ausgleichszahlungen sind im Streikfall nicht vorgesehen. Bei der Lufthansa heißt es in einer Stellungnahme nur, man bedanke sich "außerordentlich" bei den Reisebüropartnern. "In dieser schwierigen Situation helfen sie uns dabei, unsere Kunden an ihr Flugziel zu bringen." Eine Sprecherin betont, man hoffe nun auf eine Pause.

Nette Worte, die Birgit Lesjak nicht viel bringen. Sie kann auch nur mit der Lufthansa auf eine Unterbrechung des Ausstands hoffen. Denn seit Montag blieben neue Anfragen, mit denen sie ihr eigentliches Geld verdiene, unangetastet liegen, sagt sie. "Weil wir nur noch Streiknotfälle bearbeiten." Die Mitarbeiter, bekämen "den ganzen Rattenschwanz der Streikerei" wieder mal ungebremst ab. Dabei geht es Lesjak gar nicht darum, die Lufthansa generell schlecht zu machen, wie sie betont. "Die können ja auch nichts dafür", sagt sie. "Aber mit einem Piloten würde ich mich schon gerne mal unterhalten."

© SZ vom 30.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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