Pflege:Engpass beheben

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In Altenheimen arbeiten vermehrt Fachkräfte aus dem Ausland

Von Sven Loerzer

Als Schritt in die richtige Richtung wertet Günther Bauer, Vorstand der Inneren Mission München (IMM), das zum Jahresbeginn in Kraft getretene Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, das den Altenheimen bundesweit 13 000 neue Stellen für Pflegekräfte bringen soll. "Wir werden alles tun, um die Leistungen zu beantragen", betonte Bauer, kritisierte jedoch die bürokratischen Regelungen dazu. Angesichts des Pflegekräftemangels seien sowohl eine Imagekampagne als auch die Zuwanderung von Fachkräften dringend notwendig, um neues Personal gewinnen zu können. "Wir werden es national nicht stemmen können, die Stellen zu besetzen", warnte Bauer. Um das Berufsimage zu verbessern, regte Bauer auch an, über Steuerentlastungen für all jene Menschen nachzudenken, "die im öffentlichen Interesse arbeiten". Als "echte Entlastung für Pflegekräfte" sollten die schon bestehenden Steuerfreibeträge um 1000 Euro pro Beschäftigungsmonat für die Berufsgruppe erhöht werden.

Der Anteil deutscher Pflegekräfte in den Heimen sinkt. "Wir können unseren Personalbedarf seit Jahren nicht mehr mit einheimischen Pflegekräften abdecken", erklärte Dirk Spohd, Prokurist der IMM-Tochtergesellschaft Hilfe im Alter. "Wir sind gezwungen, uns ins Ausland zu orientieren." Hatten im Jahr 2016 noch 60,25 Prozent der 950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen deutschen Pass, so waren es im vergangenen Jahr nur noch 55,8 Prozent. In München liegt der Anteil zum Beispiel im Evangelischen Pflegezentrum Sendling sogar nur noch bei knapp 40 Prozent. Insgesamt 43 Nationalitäten sind in der Belegschaft der Hilfe im Alter vertreten. Aus Bosnien-Herzegowina kommen die meisten Pflegekräfte, gefolgt von Kroatien, Vietnam und den Philippinen. Noch deutlicher zeigt sich die Entwicklung beim Nachwuchs.

Von den 77 Schülerinnen und Schülern, die im vergangenen Jahr in der Evangelischen Pflegeakademie ihre Ausbildung begonnen haben, hatten nur noch 16 einen deutschen Pass. Die Verschiedenheit der Mitarbeitenden sei zwar eine Bereicherung für die Praxis, sagte Spohd. Aber es erfordere auch viel Aufwand für "Unterstützung und Kommunikation". Auch kulturelle Unterschiede müssten überwunden werden. Zudem dauere es immer noch zu lange, bis ausländische Abschlüsse von den zuständigen Regierungsbehörden anerkannt würden - trotz der versprochenen Beschleunigung.

Kritik übte Bauer auch daran, dass das Angebot an Plätzen in der stationären Pflege mit der steigenden Zahl von Pflegebedürftigen nicht mehr Schritt halten könne. "Das Landespflegegeld löst die Probleme nicht", betonte er. Gerade auf Landesebene müssten Heime stärker gefördert werden. So sollte die Politik mehr Grundstücke zur Verfügung stellen, um die stationäre Pflege auszubauen. Immer mehr Menschen würden ambulant gepflegt, von 2015 bis Ende 2017 sei ihr Anteil von 70 auf 76 Prozent gestiegen. Die "Ambulantisierung der Pflege" aber gehe vor allem zulasten der Angehörigen, die weit überwiegend ohne Unterstützung eines Pflegedienstes die Pflege zu Hause leisten. Es sei gigantisch, was man den Pflegenden, zumeist Frauen, damit zumute.

© SZ vom 11.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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