Osterzeit:Alles in Butter

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Nach der Fastenzeit ist Ostern auch ein Fest der Backwerk-Spezialitäten. Münchner Bäcker und Konditoren tischen dazu jede Menge traditionelle Köstlichkeiten auf

Von S. Mühleisen, J. Wolfram und R. Winkler-Schlang

Niemand wird herausfinden können, wie viele Osterlämmer in den Bäckereien dieser Stadt in den Regalen stehen, bereit, den Segen zu empfangen, um dann auf dem Teller zu landen. Mit einiger Sicherheit kann man jedoch sagen: Geschmacklich gibt es Unterschiede bei den Backwerk-Spezialitäten, die Münchner Bäckermeister zu Ostern zubereiten. Jeder Bäcker pflegt seinen eigenen Stil der Teigführung und seine spezielle Methode, die traditionellen Rezepte zu interpretieren.

Münchner-Kindl-Fladen

Die Zutaten sind oft die gleichen, doch das Ergebnis kann sehr unterschiedlich sein, beim Osterfladen zum Beispiel, oder der speziell münchnerischen Variante, welche die Bäcker-Innung anzufertigen nur Innungs-Betrieben erlaubt: den Münchner Kindl Osterfladen. Die Zutaten: Salz, Zucker, Weizenmehl, Hefe, Butter, Rosinen und - Achtung, jetzt kommt das speziell münchnerische - Macadamia-Nüsse und Mandeln. Ehrensache, dass der Schwabinger Bäckermeister und Konditor Maximilian Stadler sein genaues Kindl-Fladen-Rezept nicht verrät. Nur so viel: "Wir machen a Dampfe", sagt er in charmanter Münchner Mundart. Das ist ein Vorteig aus Milch, Mehl und Hefe. Die Masse muss eine bestimmte Zeit ruhen, entfaltet so ihr Aroma, bevor die anderen Zutaten beigemengt werden. Klingt einfach, ist es aber nicht. "So ein Hefeteig ist eine diffizile Sache", versichert Bäckermeister Stadler.

Gut gekühlte Nougat-Eier

Der "Jahreshöhepunkt" ist für Günter Asemann, den Obermeister der Bayerischen Konditoreninnung und Inhaber des Cafés Ritter an der Planegger Bahnhofstraße, das Osterfest. Anders als zur Adventszeit konzentriere sich die Nachfrage nach den charakteristischen Süß- und Backwaren auf ganz wenige Tage, denn vorher fasten viele Menschen - und danach kommen ihnen die Fladen und Lämmer schon alt vor, "auch wenn sie immer noch schmecken würden", sagt der 57-Jährige lachend.

Ein Konditor könne so viel Wunderbares machen zur Osterzeit und gerade die Schoko-Leckereien lassen sich prima vorbereiten, schwärmt Asemann. Im Januar beginnen er und seine 35 Mitarbeiter schon mit den ersten Hasen und den Osterei-Rohlingen. Das ist nötig, denn rund 20 000 Eier gehen in der Karwoche bei ihm über die Theke. Nougat- und Marzipanfüllungen sind bei guter Kühlung haltbar und werden daher als erste hergestellt. Die Trüffelfüllungen freilich müssen frisch sein, die Eier müssen zudem dekoriert werden, oft von Asemanns Frau Franziska.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Naschwerk-Variationen: Lachende Hasen erwarten die Kunden in Solln.

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(Foto: Stephan Rumpf)

In Haidhausen kann man sich Bienenkörbe aus Makronenteig kaufen.

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(Foto: Stephan Rumpf)

In Schwabing gibt's Lämmer aus Sandkuchenmasse.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Planegger bekommen Ei-Kreationen.

Zuviel des Süßen ist es dem Konditormeister nie: "Heller Nougat mit Krokantschale", das ist und bleibt sein persönlicher Favorit. Den könne man gut Kindern schenken, da garantiert alkololfrei. Und auch so mancher treue Kunde nimmt die Asemannschen Kreationen mit in den Osterurlaub auf der Skipiste. Da sehe man mal, wie wichtig den Menschen immer noch die Tradition sei, freut er sich. Dazu zählen das locker-leichte Bisquit-Lamm mit der dazugehörigen Papier-Fahne oder die Hefe-Pinza mit der Eigelb-Milch-Glasur und dem Einschnitt, der fast an den Mercedes-Stern erinnert, in Wirklichkeit aber die Dreifaltigkeit symbolisiert. Er freut sich auf Ostern, auch wenn er durcharbeiten muss. Danach gönnt er sich Ruhe, verreist nach Berlin - und schaut sich dort vor allem in anderen Konditoreien um.

Berühmte Bienenkörbe

Die größte Variante war schon in der Woche vor Karfreitag ausverkauft: Es gibt Menschen, die meisten von ihnen sind Schlesier, die an Ostern keinesfalls auf ihren Bienenkorb verzichten wollen. Dutzende von ihnen, ob aus dem Stammland oder ausgewandert nach Japan, USA oder Australien, wollen dieses Gebäck aus Makronenteig, Mandeln, Zucker, und entbitterten Aprikosenkernen von der Confiserie Micksch in Haidhausen haben. "Wir machen sieben verschiedene Größen und verschicken sie in die ganze Welt", sagt Konditor und Inhaber Andreas Micksch.

Rezepte für die dem Waben-Haus der Insekten nachempfundenen Backspezialität sind schon in Kochbüchern aus dem 18. Jahrhundert nachgewiesen. Und der Familie Micksch gelingt seit vier Generationen eine besonders wohlschmeckende Version: Die Mickschs sind eine Konditoren-Dynastie. Ihren Anfang nahm sie 1870 in Breslau, als Carl Micksch ein Spezialgeschäft für Schokolade- und Zuckerwaren eröffnete. Bald stand "Hoflieferant" an der Türe, die Wappen Bayerns und Sachsens wurden angebracht. In der Nachkriegszeit führte Andreas Mikschs Vater das Geschäft weiter - und übergab es an seinen Sohn.

Die lange Tradition der Schoko-Manufaktur wird auf beleuchteten Hinterglas-Plakaten im Laden an der Belfortstraße wach gehalten. Micksch, der Ortsvorsitzender der Haidhauser CSU ist, und seine Mitarbeiter können sie zu Ostern so richtig ausspielen: In Dutzenden Schalen stapeln sich Schoko-Eier in sechs verschiedenen Größen, von manchen schlicht "Micksch-Eier" genannt. Die großen Eier, 800 Gramm schwer, sind mit einer Auswahl Pralinen gefüllt, von denen die Confiserie bis zu 111 Sorten herstellt. In gewisser Weise ist der Betrieb immer noch Hoflieferant: Micksch fertigte zu Weihnachten jede Menge Marzipan-Taler mit einem Weihnachtsgruß von Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU), die dieser allen Ministeriumsmitarbeiten zukommen ließ.

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(Foto: Rumpf)

Hefeteig-Spezialist: Maximilian Stadler aus Schwabing.

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(Foto: Rumpf)

Expertin für Trüffel-Füllungen: Planeggerin Franziska Asemann.

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(Foto: Rumpf)

Chef der Schoko-Manufaktur: Andreas Micksch, Haidhausen.

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(Foto: Rumpf)

Führt den Familienbetrieb: Kornelia Majeron aus Solln.

Pinza, die Teiggranate

Klar, der klassische Osterfladen ist ein Renner. 400 bis 600 Stück wird die Sollner Bäckerei Reis in diesen Tagen über ihre Ladentheken schieben. Doch der Familienbetrieb in fünfter Generation mit seinen beiden Niederlassungen an der Festingstraße und der Forstenrieder Allee wünscht seiner Kundschaft noch mit anderen Spezialitäten ein knuspriges Fest. Da wäre zum einen die Pinza, eine in Butter gebackene Teiggranate. Gänzlich ohne Rosinen, dafür mit hohem Eieranteil. Zum anderen weckt ein "Osterschinken" den Appetit. Der in Brotteig gebackene Schinken ist nach Ansicht von Firmenchefin Kornelia Majeron das ideale Schmankerl für den Brunch am Ostersonntag. "Am besten bestrichen mit Meerrettich und garniert mit Salaten."

Ähnlich wie Weihnachten, markiert Ostern für die Majerons nicht nur ein christliches Fest, sondern auch ein Festival der Vorbestellungen. "Da wird unser angeschlossenes Café wohl wieder mal zur Lagergarage", sieht Kornelia Majeron voraus. Personell erscheinen die bevorstehenden Feiertage erst recht als handfeste Herausforderung. Bilden sich in den Reis-Filialen schon an gewöhnlichen Tagen zeitweilig Kundenschlangen, um die sich drei, vier Verkäuferinnen kümmern, so rechnet die Bäckereiinhaberin nun mit einem veritablen Großeinsatz. "Dann bieten wir alle Stammkräfte und Aushilfen auf, da werden wir zu zehnt im Laden sein", schildert sie ihre Erfahrungen. Gut, dass 25 Mitarbeiterinnen bereit stehen, um der Sollner Traditionsbäckerei schichtweise beizuspringen.

Dass der Betrieb sich zugleich als Konditorei mit legendär leckeren Stückchen einen Namen gemacht hat, dürfte den Andrang in der Osterwoche noch verschärfen. Um Popularität ihres Betriebs wissen die Majerons durchaus, abheben aber wollen sie nicht. Es gilt der im besten Sinne hausbackene Slogan "Bei uns haben Qualität und Service ein Gesicht". Will heißen: Die ganze Familie packt mit an und verwöhnt nach Kräften die Kunden. Im österlichen Trubel wie auch sonst.

© SZ vom 26.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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