Osterkonzerte:Musik zur Erlösung

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Ganz ohne Passionen ist Ostern kein richtiges Fest. Musikalische Umsetzungen des Leidens Christi (hier Lucas Cranachs Gemälde "Klage unter dem Kreuz") kann man nun online erleben, unter anderem als Livestream aus der Leipziger Thomaskirche. (Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek, München)

An Karfreitag erklingen traditionell Bachs Passionen. Die groß besetzte Aufführung ist heuer nicht möglich. Online gibt es aber vielversprechende Alternativen.

Von Rita Argauer

Dass das Corona-Virus den normalen Alltags durcheinanderwürfelt, ist keine Neuigkeit. An Ostern aber dürfte das noch einmal besonders schwierig werden. Kulturell sind die Passionskonzerte besonders wichtig: Zwei Mal mächtige Musik gibt es dazu von Johann Sebastian Bach. Die Johannes-Passion dauert zwei Stunden, die Matthäus-Passion ist hingegen mit um die 150 Minuten Bachs längstes Werk. Die Musik trifft dabei das Leiden Christi so direkt, dass man die Musik, die ursprünglich mal für den Gottesdienst geschrieben wurde, auch im Konzertsaal als fast opernhaftes Werk erlebt.

Die groß besetzte Aufführung ist heuer nicht möglich, dennoch gibt es in der Münchner Philharmonie im Gasteig ein Passionskonzert. Sopranistin Lydia Teuscher, Schauspieler Stefan Hunstein und der Leiter des Münchener Bach-Chors und -Orchesters Hansjörg Albrecht an der Orgel bringen eine Mischung aus Texten aus dem Matthäus-Evangelium und Musik von Bach zur Aufführung, die im Internet übertragen wird; moderiert von Max Wagner. Wer das volle Passions-Geschehen hören möchte, ist jedoch beim BR-Chor besser aufgehoben. Die Johannes-Passion hat das Ensemble 2015 unter seinem damaligen Leiter Peter Dijkstra zur Eröffnung der Orgelwoche Nürnberg in der dortigen Lorenzkirche aufgeführt. Die halbszenische Aufführung rückt die menschliche Tragödie des Pontius Pilatus in den Vordergrund, der dem geifernden Volk nachgibt und gegen den Gefangenen Jesus entscheidet. Es spielt das Originalklangensemble Concerto Köln, Solisten sind Tarek Nazmi, Christina Landshammer, Julian Pregardien und Gerhild Romberger.

Die Matthäus-Passion hat der BR-Chor ebenfalls unter Dijkstra und in Begleitung vom Concerto Köln sowie mit dem Regensburger Domspatzen 2013 im Münchner Herkulessaal aufgeführt. Ganz pur erklingt hier diese hochdramatische Musik. Doch so ganz wollte man in diesem Mitschnitt wohl nicht darauf vertrauen, dass sich die Macht dieser Musik auch über den Bildschirm wahrnehmen lässt. Deshalb ist die Passionsgeschichte hier mit einer Art virtuellem Kreuzgang versehen. Werke aus der Alten Pinakothek von Albrecht Dürer, Hans Holbein d. Ä., Matthias Grünewald und Rogier van der Weyden illustrieren das Geschehen.

Mehr Möglichkeiten zur Partizipation bietet allerdings das Bachfest Leipzig in Kooperation mit dem Podium Esslingen und dem MDR seinen Zuschauern als Livestream. In der Leipziger Thomaskirche spielen zur Todestunde Jesu, am Karfreitag um 15 Uhr, der isländische Tenor Benedikt Kristjánsson, die Cembalistin Elina Albach und Schlagzeuger Philipp Lamprecht eine Trio-Version der Musik an Bachs Grab. Chöre und Solisten werden virtuell zugeschaltet, die Zuschauer sind aufgerufen, selbst zuhause mitzusingen. Dafür wird ein digitales Programmheft mit Noten zum Download bereitgestellt. Diese kammermusikalische Version des Werks, das am Karfreitag 1724 erstmals in der Leipziger Nikolaikirche erklang, wurde 2019 beim Podium Esslingen erstmals aufgeführt. In außergewöhnlichen Zeiten wie diesen ist dieses reduzierte Neuarrangement ein echter Oster-Höhepunkt.

Passionskonzert im Gasteig , Fr., 10. April, br.de/kultur, Passions-Aufzeichnungen des BR-Chor , abrufbar unter br-chor.de, Johannespassion zum Mitsingen , Freitag, 10. April, 15 Uhr, Live-Stream unter facebook.com/bacharchiv

© SZ vom 08.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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