Online:In jedem Format

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Die Portugiesin Dullmea meldet sich mit ihren Synthesizern aus ihrem Homestudio in Porto. (Foto: Dullmea)

Die experimentelle Konzertreihe "Frameless" übersiedelt als Live-Übertragung ins Netz

Von Jürgen Moises, München

Was experimentelle, elektronische Popmusik angeht, da gehören das "Frameworks Festival" und die daraus hervorgegangene "Frameless"-Reihe in München zu den wichtigsten Adressen. Beide hatten ursprünglich im Einstein-Kulturzentrum ihren Ort. Vor zwei Jahren ist das "Frameworks" in den Blitz-Club umgezogen und sollte dort im März auch wieder stattfinden. Es fiel dann aber wie so vieles Corona zum Opfer und ist aktuell nun für den 27. und 28. November geplant. Die von Karin Zwack verantwortete Reihe "Frameless" findet dagegen weiter statt, aber ebenfalls nicht im Einstein, sondern als digitales Streaming. Wer an diesem Freitag um 20 Uhr auf www.frameless-muenchen.de geht, kann dort die 24. Ausgabe der Reihe mit den Musikern Dullmea und Thomas Ankersmit und dem Medienkünstler Graeme Arnfield sehen.

Gestreamt wird, wie man das inzwischen kennt, von zu Hause. Was in dem Fall bedeutet, von Berlin (Ankersmit), London (Arnfield) und Porto (Dullmea) aus. Der Unterschied zu den ursprünglich geplanten Auftritten ist: Jeder Künstler hat eine speziell für das Streaming arrangierte Performance erarbeitet und wird diese im eigenen Homestudio filmen. Und was das Ganze von zahlreichen anderen, derzeitigen Streamings unterscheidet: Die Performances werden nur exklusiv an diesem Abend zu sehen sein. Aber auch noch eine andere Sache hebt "Frameless" aus dem digitalen Allerlei heraus. Und zwar die Tatsache, dass sich die Reihe seit Anfang an mit "neuen Ansätzen experimenteller Musik" beschäftigt, "die sich mit den veränderten Lebensbedingungen im digitalen Zeitalter auseinandersetzen".

Man könnte also sagen: Dass "Frameless" nun online geht (auch die Ausgabe am 22. April mit Sylvain Chauveau, Britton Powell und Eginhartz Kanter wird im Netz stattfinden), ist zwar aus der Not heraus geboren. Es wirkt aber auch durchaus konsequent, bei einer Reihe, die sich für ungewohnte mediale, digitale, musikalische Formate interessiert. Von daher darf man gespannt sein, wie etwa Sofia Faria Fernandes a.k.a. Dullmea mit der neuen Situation umgeht. Die Portugiesin hat klassische Geige studiert, experimentiert seit Längerem mit elektronischen Instrumenten und lotet in ihren teilweise fürs Theater entstehenden Arbeiten die Wechselwirkung von Synthesizer und menschlicher Stimme aus. Bei "Frameless" präsentiert sie eine Variante ihres 2019 entstandenen, atmosphärisch dichten Werks "Hemisphaeria".

Der in Berlin und Amsterdam beheimatete Thomas Ankersmit arbeitet mit zweckentfremdeten elektronischen Geräten, Phänomenen wie Infraschall und otoakustischen Emissionen. Das heißt mit Geräuschen im Kopf, die von den Ohren selbst erzeugt werden. Bei "Frameless" führt er eine neue "Improvisation für Serge Modular-Synthesizer" vor. Sein Ratschlag: "Bitte Lautsprecher benutzen, keine Kopfhörer!" Graeme Arnfield, der in London Experimentalfilm studiert hat, zeigt mit "Sitting in Darkness" eine Videoarbeit, die sich mit der viralen Verbreitung von Fakes in digitalen Netzwerken beschäftigt. Ein hochaktuelles Thema, in einem gleich mehrfachen Sinn.

Frameless 24 , Fr., 3. April, 20 Uhr, www.frameless-muenchen.de

© SZ vom 03.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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