Oktoberfest:Das Wiesnzelt, das es nicht gibt

Lesezeit: 2 min

Brauerei benennt das Winzerer Fähndl endgültig in Paulaner Festzelt um

Von Franz Kotteder

Wie jeder Münchner weiß, stellt die Wiesn auch eine Art Paralleluniversum dar, in dem normale Gesetzmäßigkeiten so nicht unbedingt gelten. Ein Beispiel dafür ist das Bierzelt Winzerer Fähndl. Das gibt es nämlich eigentlich schon seit der letzten Wiesn nicht mehr, und trotzdem haben sich sehr viele Menschen dort verabredet und getroffen.

Tatsächlich hieß das Zelt zu diesem Zeitpunkt offiziell nur noch "Paulaner Festzelt", der Schriftzug "Winzerer Fähndl" war mit der Fassadenrenovierung 2018 bereits vom Raucherbalkon verschwunden, wo er bis dahin prangte - anscheinend, ohne dass das jemand groß bemerkt hätte. "Es handelt sich bei der Verkürzung des Namens nicht um eine Marketing-Idee", sagt Paulaner-Sprecherin Birgit Zacher, "es geht einzig um eine bessere Unterscheidung zum Armbrustschützenzelt, wo heute tatsächlich die Gilde Winzerer Fähndl beheimatet ist und seit 1935 ihre Meisterschaften austrägt".

Gut 80 Jahre hat man sich also Zeit gelassen mit der Umfirmierung. Die Armbrustschützengilde Winzerer Fähndl, benannt nach dem Tölzer Feldherr und Ritter Kaspar Winzerer aus der Zeit der Bauernkriege, hatte sich auf Einladung des Magistrats 1895 erstmals am Oktoberfest beteiligt und baute sich später mit Zuschüssen der Thomas-Brauerei auch eine eigene Bierhalle, eben das Winzerer Fähndl. Die Thomas-Brauerei, die das Zelt mit Bier belieferte, fusionierte 1928 mit Paulaner, und in den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts kam dann ein weiteres Zelt hinzu, das offiziell "Armbrustschützen-Zelt zum Winzerer Fähndl" heißt. Nun, da die beiden praktisch niemand mehr verwechselt, hat sich die Brauerei entschlossen, das auch sprachlich klar zu machen.

Betrieben wird das Paulaner Festzelt lustigerweise aber weiterhin von der "Winzerer Fähndl Pongratz GmbH", die Arabella und Peter Pongratz gegründet haben, als sie im Jahr 2004 das Zelt übernahmen. Inzwischen ist das Paar geschieden - und die Gesellschaft, die das Zelt betreibt, somit genau genommen weder eine Winzerer-Fähndl- noch eine Pongratz-GmbH. Die früheren Ehepartner hatten sich jedoch darauf geeinigt, das Zelt weiterhin gemeinsam als Wirte zu führen. Arabella Schörghuber hat nach der Scheidung wieder ihren früheren Namen angenommen. Peter Pongratz ist seit einiger Zeit mit Elena Y.

liiert. Vor einem Jahr hatte Arabella Schörghuber zusammen mit ihrer Tochter Ramona die Geschäftsführung im Prominenten- und Ausflugslokal Grünwalder Einkehr übernommen und dort gleich das halbe Team - inklusive ihres Mannes, der dort Geschäftsführer war - ausgewechselt. Ob weitere Veränderungen geplant sind und ob auch der Firmenname der Gesellschaft für das Wiesnzelt geändert wird, ist noch nicht klar. Arabella Schörghuber war am Montag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

© SZ vom 05.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: