Oktoberfest 2009:Vornehme Zurückhaltung

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Beim traditionellen Wiesnrundgang verzichten OB Ude und die Oktoberfestchefin Gabriele Weishäupl auf allzu rasante Fahrten. Kein Wunder, bei dem schlechten Wetter.

Astrid Becker

Es regnet in Strömen. Wahrlich kein Wetter, von dem Schausteller auf der Wiesn träumen. Dass das Fahren mit ihren neuen Hightech-Geschäften dennoch Spaß machen kann, das beweisen beim Wiesnrundgang am Donnerstagvormittag vor allem zwei Stadträte besonders: Andreas Lotte (SPD) und Manuel Pretzl (CSU). Weder Wind noch Wetter kann sie davon abhalten, jede der bereits vom TÜV geprüften neuen Attraktionen auf dem Oktoberfest selbst zu testen. OB Christian Ude und auch Wiesnchefin Gabriele Weishäupl hingegen halten sich vornehm zurück: Während der OB das mit der "Weisheit des Alters" begründet, gibt Weishäupl zu: "Mir wird mittlerweile von so etwas schlecht."

Überhaupt scheint es an diesem Tag so, als ob viele die Aussagen Udes und Weishäupls zum Thema "Fahren auf schwindelerregenden Geräten" nachvollziehen können. Da ist beispielsweise Stadtrat Richard Quaas, der nach einem Hörsturz, wie er sagt, "so etwas gar nicht mehr verträgt". Oder auch Wiesnwirte-Sprecher Toni Roiderer, der freimütig bekennt: "Mir wird lieber von zu viel Bier schlecht." Tatsächlich sind die neuen Attraktionen wohl eher für mutige und schwindelfreie Geschöpfe erdacht. So gilt das "Techno Power"-Fahrgeschäft als das derzeit "wildeste" seiner Art. Dabei handelt es sich um ein Highspeed-Karussell, das über ein eigens entwickeltes Klangsystem die Geschwindigkeit auf die Spitze treibt. Im Klartext heißt das: DJ Flash legt angesagte Hits auf, die dazu führen, dass sich die sechs Ausleger und ihre jeweils neun Gondeln, die an einem Drehkörper befestigt sind, in Höchstgeschwindigkeit in alle Richtungen drehen und kippen sogar um 90 Grad. "Das macht süchtig", sagen Kenner. Auch die beiden Stadträte können dies nach einer Proberunde bestätigen.

Magenkranke und weniger Mutige werden wohl stattdessen lieber das "Parkour" versuchen. Dieses Fahrgeschäft ist eine Weiterentwicklung des "Polyps" - der Fahrgast muss keinen Looping aushalten, überwindet dennoch mit rasanten Auf- und Abwärtsbewegungen alle ihm sich in den Weg stellenden Hindernisse und erreicht dabei eine Flughöhe von bis zu acht Metern. Dieses Fahrgeschäft wird als "absolut familiengerecht" beschrieben, und die, die sich an diesem Tag hineintrauen, beschreiben es als "harmlos" und "süß".

Schaustellerpfarrer Martin Süß hingegen, der sich als Experte in Sachen Fahrgeschäfte entpuppt, schwört auf das "Olympia-Looping", das in diesem Jahr seinen 20. Geburtstag feiert: "Das ist das absolut beste Fahrgeschäft, das es gibt." Stundenlang, sagt er, könne er darauf ausharren, ohne jegliche Beeinträchtigung seines Wohlbefindens. OB Ude hingegen kann dem weniger abgewinnen, er bevorzugt die "Wilde Maus" - das einzige, was er konsequent jedes Jahr fährt.

An diesem Vormittag wagt er sich dann doch noch auf eine Neuheit auf der Wiesn, auf den "Tower". Das ist ein multifunktionales Schaugeschäft, das sein Erfinder, der Schausteller Charles Blume, als "Abenteuerspielplatz, Aussichtsplattform und Schule in einem" verstanden wissen will. Auf 1000 Quadratmetern Grundfläche sollen die Gäste Zeugen eines Vulkanausbruchs werden oder auch einen reißenden Urwaldstrom überqueren. Täglich bis 17 Uhr gibt es einen Wissenstest für Kinder. Wer da gut abschneidet, wird mit einer Medaille belohnt. Es gibt dort aber auch Drehscheiben, einen Irrgarten, ein Labyrinth - und eben die Aussicht auf München aus einer Höhe von 28 Metern. Zumindest von jener ist Ude sichtlich begeistert: "Unvergesslich", sagt er.

Am Ende des Rundgangs, der noch über das Familienplatzl und die übergroße Schiffsschaukel "Flip Fly", bei der der freie Fall simuliert wird, direkt in das neue kleine Wiesnzelt "Wildstuben"führt, bleibt eigentlich nur eine Frage offen: Wie rasant sollen dann eigentlich die Fahrgeschäfte sein, die zum 200. Jubiläum der Wiesn im nächsten Jahr zu erleben sein werden? Eine Antwort darauf gibt es an diesem Tag noch nicht. Nur wenige Details aus dem Jubiläumsprogramm verrät der OB dann schließlich doch. Neben einem historischen Festzug, einem Rekommandeur-Wettbewerb und einem Galopprennen werden sich fünf Paare genau 200 Jahre nach der Hochzeit von Kronprinz Ludwig mit seiner sächsischen Prinzessin Therese das "Ja-Wort" geben. Wer sie trauen wird? Der Oberbürgermeister natürlich. Wer sonst. Sagen Sie jetzt nichts, Gerhard Ruhstorfer: Hier geht's zum Interview, in dem ein Schuhplattler nichts sagt und doch alles verrät.

© SZ vom 18.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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