NullAchtNeun:Ein Schiff wird kommen

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Der Münchner hat Glück: Im Vergleich zu Restdeutschland ist er zumindest mit einem freistaatlichen Meer gesegnet, dem Chiemsee.

Karl Forster

Das Verhältnis der Deutschen zum Meer ist zwar regional unterschiedlich intensiv, aber im Vergleich zu Frankreich oder England eher gering ausgeprägt. Sogar die Österreicher, obwohl mit keinerlei Salzwasserstrand ausgestattet, bewegen sich als Salzwasser-Segler meist weit professioneller als deutsche Freizeitkapitäne. Die Bayern nun sind im Vergleich zu Restdeutschland zumindest mit einem freistaatlichen Meer gesegnet, dem Chiemsee, der Münchner zuckelt an Feiertagen wie diesen gemütlich über den Starnberger See. Aber zu intensiverer Beschäftigung mit der umweltfreundlichsten aller Fortbewegungsarten, dem Segeln, kommt es auch hierzulande eher selten.

Das Meer der Bayern: der Chiemsee. (Foto: Foto: ddp)

Deshalb sei auf eine kleine Geschichte verwiesen, die zwar weit von München stattfindet, nichtsdestotrotz aber ihre Wirkung auf Bayerns Gewässer nicht verfehlen sollte. David Rothschild, 29 Jahre alter Spross der berühmten Bankiers-Dynastie, kümmert sich weniger um den Weinanbau der familieneigenen Reben rund um Bordeaux.

Er hat sich vielmehr der Ökologie verschrieben und baut gerade einen 20 Meter langen Katamaran aus Plastikflaschen, um damit vom Pier 31 in San Francisco nach Sydney zu segeln. Der Name des Bootes ist "Plastiki", in Anlehnung an Thor Heyerdahls legendäre "Kontiki". Rothschild wird auf dem Törn den berüchtigten "Garbage Patch" passieren, eine Art schwimmenden Müllberg inmitten des Pazifik, wo Strömungen den im Meer schwimmenden Abfall zusammentreiben. Die Botschaft des Banker-Sprosses ist klar: Schützt die Meere unserer Erde.

Man muss jetzt kein Gutmensch und Phantast sein, um mit ein paar kleinen Gedankensprüngen vom Pazifik in Bayern zu landen, und zwar auf oben erwähnten Gewässern. Gerade jetzt, da die Segel-, Surf- und Badesaison startet, könnte Rothschilds Reise zum Nachdenken anregen.

Zwar haben weder Chiem- noch Starnberger See einen Garbage Patch zu bieten, doch gäbe es hier eine ähnliche Strömung, es käme wohl einiges zusammen den Sommer über. Und wer jetzt meint, er sei aus dem Schneider, weil er Baden und Segeln hasst, der sollte beim Spaziergang am Isarufer etwas genauer hinschauen: Von der Zigarettenschachtel bis zum feinsäuberlich ins Plastiktütchen eingepackten Hundehäufchen liegt hier vieles herum, was den Titel Müll verdient.

Man muss nicht gleich ein Tretboot aus Plastikflaschen auf dem Kleinhesseloher See zu Wasser lassen, um die Gedanken des jungen Rothschild auch in München wirken zu lassen. Es reicht eigentlich schon, wenn man die Abfallkörbe nutzt.

© SZ vom 11.04.2009/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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