Null acht neun:Bayerisches Dubai

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München bekommt ein Fünf-Sterne-Superluxus-Hotel. Endlich, war doch die Stadt auf bestem Wege, ihren Ruf als Hauptstadt der Reichen zu verlieren

Von Wolfgang Görl

In miesen Zeiten wie diesen ist es tröstlich, auch mal gute Nachrichten zu lesen. Dies ist eine: Der Palast der einstigen Staatsbank an der Kardinal-Faulhaber-Straße und das benachbarte Palais Neuhaus werden in ein Hotel der obersten Luxusklasse verwandelt, welches - und das ist nun wirklich herzerwärmend - das teuerste Hotel der Stadt zu werden verspricht. Endlich, darf man hinzufügen, können noble Gäste Münchens in einem angemessenen Etablissement logieren, anstatt, wie das heute noch beklagenswerter Standard ist, mit der Turm-Suite im Mandarin Oriental zu lumpigen 3800 Euro die Nacht vorlieb nehmen zu müssen. Für den Mann von Welt ist das alles andere als standesgemäß, da kann er ja gleich beim Aldi übernachten. Im Palais Neuhaus, wo einst Franz Freiherr von Neuhaus, der Oberkämmerer des Kurfürsten Max Emanuel, in Sachen Prunk Maßstäbe gesetzt hat, wird eine Besenkammer mit Luxusausstattung und vergoldetem Nachttopf hoffentlich nicht unter 5000 Euro zu haben sein.

Dieser Aufstieg in die globale Premiumklasse war längst fällig, denn immerhin hat München den Ruf zu verteidigen, das luxuriöseste Pflaster des Landes zu sein, wo man den Tag mit einem Shopping-Bummel durch die Maximilianstraße beginnt, ehe man sich zum zweiten Frühstück in der Dachgarten-Lounge des Bayerischen Hofs trifft. Nun ja, ganz so weit ist die Stadt noch nicht, doch sie ist auf einem guten Weg. Alle naslang kommen Immobilienfirmen mit der triumphal intonierten Jubelmeldung heraus, soeben die teuerste Wohnung Münchens verkloppt zu haben, zu einem Preis, der oft höher ist als die Summen, welche die neuen Besitzer steuergünstig in der Karibik bunkern. Und erfreulich ist auch, dass die bislang skandalös niedrigen Mieten allmählich jene Höhen erreichen, die sicherstellen, dass beim allfälligen Miet-Casting nur solche Herrschaften zum Zuge kommen, die eine eigene Villa in St. Moritz als Sicherheit bieten können.

Okay, auf einige Mitbürger muss man künftig verzichten, auf die lausigen Normalverdiener, die aber ganz bestimmt in verödeten Dörfern Mecklenburg-Vorpommerns eine erschwingliche Bleibe finden. Auch dies ist nur zu begrüßen, denn dann muss der Edelmünchner im Biergarten nicht mehr die Nachbarschaft von Rentnern und finanzschwachen Krankenschwestern ertragen; nein, er bleibt unter Seinesgleichen, plaudert lässig über Investments und bezahlt den Wurstsalat mit Bitcoin. Dass Kellner und anderes Dienstpersonal täglich aus asiatischen Billiglohnländern eingeflogen werden, versteht sich von selbst - das ist immer noch billiger, als sie in der Stadt unterzubringen. Voilà, Münchens Zukunft ist golden, und man wird schwärmen: Aaah, München, das bayerische Dubai.

© SZ vom 09.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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