NS-Dokumentationszentrum:"Genau der richtige Ort"

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Erste Einblicke in das neue NS-Dokumentationszentrum

Von Wolfgang Görl

Es ist einer der eindrucksvollsten Blickpunkte des neuen NS-Dokumentationszentrums: Der Besucher schaut im dritten Stock durch die westliche Fensterfront auf das kürzlich freigelegte Fundament eines der sogenannten Ehrentempel, und gleichzeitig ist auf einem Bildschirm zu sehen, was sich während der NS-Herrschaft hier abgespielt hat. Originale Filmaufnahmen zeigen, wie Hitler und andere Naziführer den pseudoreligiösen Kult um die "Blutzeugen" der braunen Bewegung zelebrierten, die Toten des gescheiterten Hitler-Putsches vom 9. November 1923. Genau 70 Jahre nach dem Ende des Krieges in München gibt es endlich eine öffentliche Institution, die sich mit der Frage auseinandersetzt, wie die Stadt zur Keimzelle des Nationalsozialismus werden konnte.

Bei einer Vorbesichtigung für die Medien am Mittwoch sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD): "München ist wie keine andere deutsche Stadt mit der Frühgeschichte und dem Aufstieg des Nationalsozialismus verbunden." Dass sich die Stadt ihrer dunklen Vergangenheit stelle, sei vor allem das Verdienst vieler engagierter Bürger, allen voran des Gründungsdirektors Winfried Nerdinger, "der sich von Anfang an für diesen Lern- und Erinnerungsort stark gemacht hat". Was damals geschehen sei, sagte Reiter, gehe die Menschen auch heute noch etwas an, "weil es wieder geschehen könnte". Ausgrenzung und Diskriminierung beispielsweise seien die Vorstufen zur systematischen Verfolgung.

Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) feierte mit ähnlichen Worten das NS-Dokumentationszentrum. "Geschichte kann nicht ungeschehen gemacht werden, aber man kann aus der Geschichte lernen." Das Grundstück des ehemaligen "Braunen Hauses", der Parteizentrale der NSDAP, sei "genau der richtige Ort, um an die schlimmste Zeit der deutschen Geschichte zu erinnern". München, die Stadt, in der die nationalsozialistische Bewegung einen fruchtbaren Nährboden gefunden hatte, trage eine besondere historische Verantwortung. Dass es hier Widerstandsgruppen gegeben habe, dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein Großteil der Münchner den Nazis gefolgt sei. Resümierend sagte Spaenle: "Es ist die rechte Zeit, dass wir dem ,Nie wieder!' als Teil unserer Staatsraison Rechnung tragen."

© SZ vom 30.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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