Neues Album:Dahoam im Internet

Lesezeit: 3 min

Der Oimara hat vor allem online Erfolg mit der Verbindung von Pop und Mundart. Jetzt erscheint "A Quantum Prost"

Von Oliver Hochkeppel, Tegernsee

Sein Künstlername klingt nach Lateinamerikanischem, Arabischem oder Griechischem. Erst wenn man es auf der ersten Silbe betont, wird die phonetische Umschrift des Bairischen klar: "Almerer" also soll das heißen, denn der Liedermacher Beni Hafner, dessen zweites Album "A Quantum Prost" unlängst an den Start gegangen ist, stammt tatsächlich von einer Alm am Tegernsee. Dass junge kreative Kultur aus dieser oberbayerischen Postkarten-Region kommt, ist gar nicht so selten, obwohl es dem Klischee vom konservativen Uli-Hoeneß-Promi-Paradies und Rückzugsort für reiche Rentner widerspricht.

Seine ersten Schritte hat Hafner genau in diesem Umfeld getan, wie er gerade in einem Interview erzählt hat: "Einer meiner allerersten Gigs war beim Geburtstag von Fritz Wepper. Da trifft man dann Leute, die einen anrufen und fragen: Spielst Du auch bei mir? Zum Beispiel Jean Frankfurter, der damalige Produzent von Helene Fischer. Auf seiner Geburtstagsparty waren alle da: Costa Cordalis, Helene Fischer, Florian Silbereisen. Solche Sachen haben sich halt ergeben. Oder die Moderatorin des Münchner Vereinsheims war bei uns oben und hat mich in ihre Sendung eingeladen." Über solche Mundpropaganda kam er auch dazu, für andere zu arbeiten, bis heute: "Ich habe Songs für die Troglauer gemacht, für D'Hundskrippln, die Fäaschtbänkler und Alle Achtung. Gerade habe ich eine Anfrage gekriegt, für das Landratsamt eine neue Telefonschleife zu schreiben. Das habe ich auch schon mal für eine Versicherungsfirma gemacht."

Beherrscht E- und Akustikgitarren ebenso meisterlich wie das Spiel mit der bairischen Sprache: der Liedermacher Beni Hafner alias Oimara. (Foto: Severin Schweiger)

Allerdings hat sich die Zielgruppe der eigenen Sachen inzwischen deutlich verändert. Es sind vor allem junge Leute aus der Internetgeneration, die den Oimara in den vergangenen zwei, drei Jahren zum neuen Senkrechtstarter der bayerischen Mundartmusik gemacht haben. Bei denen traf er zuerst mit "Bierle in da Sun" einen Nerv, einer lässig und mit einiger Gitarrenkunst vorgeführten Hymne ans bayerische Grundnahrungsmittel, die er 2016 auf Youtube einstellte: "Das ist eigentlich nur so ein blödes Handyvideo", sagt er selbst. Doch mittlerweile hat es 800 000 Aufrufe, und der Song ist auf Spotify bald zwei Millionen Mal gestreamt worden. Ein Erfolg, der Hafner die Richtung vorgegeben hat. Einmal, weiter Stücke in dieser Art zu schreiben. Zum anderen, dazu immer professionellere Videos zu drehen.

Die lustigen Verfilmungen seiner Songs haben ihm gerade in diesen weitgehend auftrittlosen Lockdown-Zeiten viel Aufmerksamkeit verschafft. Die Wirtshaus-Szenerie in "Stammtisch" etwa oder die mit einem Setra-Oldtimer aufgenommene "Bushäuslparty", das natürlich rückwärts gedrehte Palindrom-Lied "Otto Anna Maoam" oder das gerade eben erschienene "Lieblingsdepp", das eine eigene, über den Song hinausgehende Geschichte in einem See-Hotel erzählt. Wobei der Run auf die Oimara-Videos sicher nicht so groß wäre, wenn nicht auch die Songs aus der Flut der Mundartmusik herausragen würden.

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Witzige, oft in Richtung Musikkabarett gehende Momentaufnahmen oberbayerischer Lebensart sind das zumeist. Schon die älteren, wo er wie in einem klassischen Liebeslied die "Lederhosn" besingt oder in "Da Bromme und da Kreidl" das lokale Amigo-Unwesen aufgreift. Erst recht auf dem neuen Album "A Quantum Prost", wo es zum Beispiel um die "Disco-Kathi" geht, um die Wiesn-Seligkeit beim "Riesnradl" oder den lässigen Umgang mit Erwartungen in "Heid is ma wurscht". Alleine darauf will er sich freilich nicht festnageln lassen. Schon 2016 hat er mit "Es sitzt ein Depp im Weißen Haus" ein Anti-Trump-Lied geschrieben. Jetzt geht es beim hochdeutsch gesungenen "Facebook" darum, wie schnell einem das Internet den Tag und die Beziehung ruinieren kann. Und im Latin-unterlegten "Mi Amor" darf auch mal Nietzsche auftauchen. Auffällig oft ist Bier sein Thema, explizit wieder in "Happy New Bier". Hafner will das nicht als Hommage an den Alkohol, sondern an ein "Kulturgut" verstanden wissen, "das einfach dazu gehört." Allzu angesäuselt kann man Oimara-Stücke auch gar nicht genießen. Vielleicht noch den rauchig-bluesigen Gesang. Aber bei den meisten Stücken legen Hafner und seine Band ein Tempo vor, dem man speziell in den wortbrecherischen, gerne vom Hip-Hop inspirierten Texten nur nüchtern folgen kann.

Da steckt dann auch eine Menge Erfahrung drin. So "blutjung", wie er aussieht und wie gerne geschrieben wird, ist Hafner nämlich gar nicht mehr. Er hatte zunächst Koch gelernt und Jahre gebraucht, um sich mit seiner Musik vor Leute zu trauen. Grauenhaftes Lampenfieber hat er bis heute, wie er gesteht. Das wird er hoffentlich bald wieder überwinden müssen, denn auch seine Live-Auftritte haben es in sich: Ist der Oimara doch auch ein Meister der improvisierten Gstanzl, in die er gerne das Publikum einbezieht.

Oimara: "A Quantum Prost" , Bogner Records/ Südpolmusic; Livestream Fr., 26. März, 20 Uhr, Hinterhalt Gelting, www.hinterhalt.de

© SZ vom 26.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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