Nacht der Gastronomie:"Mei, scho wieder die Narrhalla"

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Bei der "Nacht der Gastronomie" im Bayerischen Hof feiern sich die Wirte; die Narrhalla spielt nur noch eine Nebenrolle: Erotik statt Klamauk.

Astrid Becker

Pünktlich um 18.30 Uhr parkt der Wagen des Prinzenpaars - zu erkennen an der überdimensionierten Narrenkappe auf dem Dach - vor dem Bayerischen Hof. An ihm vorbei strömen Münchens Wirte und Brauer, um sich selbst bei der "Kulinarrischen Nacht der Gastronomie" zu feiern. Manch einer quittiert den Anblick des Narrenautos mit einem Kopfschütteln. Einer sagt: "Mei, scho wieder die Narrhalla, geht denn gar nix ohne die?" Dieser Mann wird sich wundern.

Ein Hai und ein Schwertfisch als Deko: Manfred Grossmann, Küchendirektor im Bayerischen Hof, verköstigte die Gäste des Gastroballs. (Foto: Foto: Andreas Heddergott)

Denn diesmal feiert der Gastronomenball seinen 18. Geburtstag. Er wird also "volljährig". Und deshalb haben ihm die Gastgeber des Abends, die Kreisvorsitzenden des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands, Conrad Mayer und Birgit Netzle-Piechotka, "alte Zöpfe" abgeschnitten, wie sie es nennen. Das heißt konkret: kein klassischer Komiker-Auftritt, bei dem die Branche durch den Kakao gezogen wird, kein klassischer Einzug des Narrhalla-Prinzenpaars nebst Gefolge.

Stattdessen ist Erotik angesagt: Die 20-jährige Gastro-Auszubildende Stefanie Wagner haucht mit sinnlicher Stimme Songs aus dem Musical "Aida" ins Mikro. Die Künstler des Varietés GOP tanzen Tango, während die 500 Gäste - darunter Staatsminister Siegfried Schneider, Münchens Bürgermeister Hep Monatzeder und Vertreter sämtlicher hiesiger Brauereien - bereits Gänselebertrüffel, Oktopustartar und Kalbskopfcarpaccio genießen.

Wo bleibt die Narrhalla?

Sie lassen erst davon ab, als eine rotgekleidete Dame aus dem GOP-Ensemble argentinische Boleadores schwingt - Seile mit kleinen Holzkugeln, die eigentlich zum Einfangen von Rind eingesetzt werden. So mancher Gast wünscht sich in diesem Augenblick, die rote Domina hätte zu Zeiten des generellen Rauchverbots, mit ihren Seilkügelchen den ein oder anderen Politikerkörper bearbeitet. Doch was soll's: Die Zeiten des Qualmverbots in der Gastronomie sind eh bald vorbei.

Die Gäste des Abends verzichten bis 23.30 Uhr auf Zigaretten. Doch dies nur am Rande, denn die Fragen, die die Gemüter bewegen, lauten: Wo bleibt eigentlich die unvermeidliche Narrhalla? Kann es wahr sein, dass sich die Faschingsgesellschaft gar nicht blicken lässt? Selbst als kulinarische Genüsse wie Hummer, Austern, Trüffelrisotto, Gänsestopfleber oder iberische Schweinelenden komplett vertilgt sind und in der Falk's Bar die Kalorien wieder abgetanzt werden müssen, können manche Gäste das Fehlen der Narrhalla an diesem Abend noch gar nicht fassen. Doch dann blitzen plötzlich am Dekolleté beziehungsweise am Revers der Gastgeber Faschingsorden im Scheinwerferlicht. Und allen wird klar: So ganz ohne die Faschingsgesellschaft Narrhalla geht es eben doch nicht. Auch wenn man sie nicht sieht.

© SZ vom 22.01.2009/agfa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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