Nachruf:Politik-Pionier

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Von 1973 bis 1974 führte Jannis Sakellariou die Münchner Jusos. Von 1993 bis 1999 war er im Vorstand der Bayern-SPD. Am Mittwoch ist er gestorben. (Foto: Toni Heigl)

Jannis Sakellariou ist gestorben

Von Christiane Schlötzer

Eine "Friedensmacht" sollte Europa sein, ein Gegengewicht gegen Amerika, gegen einen "Rückfall ins Mittelalter". Das klingt wie ein Kommentar zur aktuellen Lage, es waren aber die Abschiedsworte des Europaabgeordneten Jannis Sakellariou, festgehalten in der Süddeutschen Zeitung vom 11. Juni 2004. Zwanzig Jahre saß der Münchner Grieche im Straßburger Parlament. Da war er ein Pionier, nicht nur, weil er schon 1984 in der zweiten Wahlperiode dort einzog. Als auf den Wahlplakaten der SPD in Bayern erstmals ein griechischer Name auftauchte, da sorgte das für Erstaunen. "Hansi Sacklinger" sagten Genossen und Freunde scherzhaft zu Sakellariou, der von 1973 bis 1974 auch die Münchner Jusos führte und von 1993 bis 1999 zum Vorstand der Bayern-SPD gehörte.

Geboren wurde er am 12. November 1939 in Athen, wo er als Kind die deutsche Besatzung und ihre Folgen erlebte. Später engagierte er sich dort, wo er Unfreiheit und politische Unterdrückung sah. Dabei nutzte er auch seine Stellung als Parlamentarier. Ein Fax mit der Unterschrift von Sakellariou verhalf 1988 einem bekannten Münchner Türken aus einem Gefängnis im türkischen Mersin. Der Mann sagt heute noch, Sakellariou habe ihm mit seiner Chuzpe das Leben gerettet.

Nach München kam er 1957 zum Studium der Elektrotechnik an der TU. Er wurde Diplomingenieur, arbeitete in der Industrie, bei der Max-Planck-Gesellschaft und schließlich an der Universität der Bundeswehr. Im Parlament war er ein leidenschaftlicher Redner, und auch nachdem er dort ausgeschieden war, verbrachte er weiter viel Zeit in Brüssel. Oder er reiste dorthin, wo seine Frau als spanische EU-Botschafterin tätig war, nach Algerien und Tunesien. Am Mittwoch ist Jannis Sakellariou, wie erst jetzt bekannt wurde, in Brüssel nach langer schwerer Krankheit gestorben.

© SZ vom 26.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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