Nachruf:Daueröffentlich

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Jutta Winkelmann, hier mit Rainer Langhans, ist am Donnerstag in München gestorben. (Foto: dpa)

Langhans-Muse Jutta Winkelmann ist tot

Von WILLI WINKLER, München

In jener grauen Vorzeit, als Heidi Klum noch ein dickes rosiges Baby aus Bergisch Gladbach war und Deutschland noch keinen Superstar brauchte, suchten zwei Mädchen aus Kassel den Weltruhm oder jedenfalls Männer, die so berühmt waren, dass etwas von ihrem Glanz auch auf sie fiel. Sie fanden fast zu viele davon: Bob Dylan, Dennis Hopper, Robert de Niro, Mick Jagger und unterwegs noch einige andere. Jutta und Gisela Schmidt drängte es zum internationalen Glamour, aber fürs erste durfte es auch eine ganz normale deutsche K-Gruppe sein. Gisela heiratete 1973 das Glück, das keins war, den Millionenerben John Paul Getty. Die Mafia entführte ihn, schnitt ihm ein Ohr ab, und erst dann war der Großvater bereit, das geforderte Lösegeld zu bezahlen. Acht Jahre später - die römischen Drogen waren doch zu heftig - erlitt er einen Schlaganfall, war gelähmt und wurde zum Pflegefall.

Jutta erlebte etwas weniger Unglück: Sie heiratete den Filmemacher Adolf Winkelmann, doch vom Glamour wollte sie nicht lassen. Dann kam Rainer Langhans.

Langhans war als Mitgründer der Kommune 1 berühmt geworden und noch berühmter, als sich ihm Uschi Obermaier anschloss, das Fotomodell aus Sendling. Als die glorreichen Monate von 1967 und 1968 verblühten, ging Langhans nach München, versuchte es ebenfalls beim Film und entdeckte dann das Licht oder doch eine neue Religion: das moderne Stylitentum. Anders als der Eremit Simon, der Jahrzehnte auf einer Säule verbrachte und sich dort bewundern ließ, blieb Langhans aber nicht allein, sondern scharte viele erlösungshungrige Frauen und fast noch mehr sensationsgierige Journalisten um sich.

Am eigenen Leib führte er vor, wie man den Drogen und vor allem dem bösen, bösen Sex entsagen und trotzdem überleben kann. Es war vielleicht nicht der Ruhm, den sich Jutta Schmidt in Kassel erträumt hatte, aber dieses daueröffentliche Leben neben dem eifrig dozierenden Meister machte sie offenbar endlich glücklich. Als bei ihr Knochenkrebs diagnostiziert wurde, musste auch diese Krankheit selbstverständlich öffentlich verhandelt werden, aber es war ein Ruhm, um den sie niemand beneidete.

Nach einem traurig-schönen Leben ist Jutta Winkelmann am Donnerstag im 68. Lebensjahr in München gestorben.

© SZ vom 24.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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