Nach Nein der Bürger:Heftiger Streit bei Olympia-Befürwortern

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Oberbürgermeister Christian Ude (Mitte) und Mitstreiter am Sonntag in München. Bereits am Montag ist unter den Olympia-Befürworten ein Streit ausgebrochen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Nach dem vierfachen Nein zu München 2022 wehrt sich OB Ude gegen Kritik am Termin der Bürgerentscheide, die Staatskanzlei weist jede Schuld von sich. Und die grüne OB-Kandidatin Nallinger will die Bürger künftig vor allen Großereignissen befragen - auch vor einer Champions League.

Von Dominik Hutter

Das vierfache Nein zu Olympia hat in den Kreisen der Befürworter zu Dissonanzen und gegenseitigen Schuldzuweisungen geführt. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) lehnte eine Übernahme der politischen Alleinschuld für das Scheitern der Bewerbung ab und nahm explizit die bayerische Staatsregierung mit ins Boot - was sich die Staatskanzlei umgehend verbat. Es habe sich um kommunale Bürgerentscheide gehandelt, hieß es.

Als ungünstig wurde auch die Wahl des Termins im November bezeichnet - eine Kritik, die am Montag auch aus der Opposition im Münchner Rathaus kam. CSU und FDP warfen Ude vor, durch eine ungünstige Terminwahl sowohl eine ausführliche Olympia-Debatte als auch eine hohe Wahlbeteiligung verhindert zu haben. Sämtliche Olympia-Befürworter gehen nach wie vor davon aus, dass es in der Bevölkerung eigentlich eine Mehrheit für Winterspiele gibt.

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52,1 Prozent dagegen, 47,9 Prozent dafür: Auch die Münchner haben die Olympiabewerbung abgelehnt. Wie hoch die Ablehnung in den 25 Stadtbezirken war, sehen Sie hier.

"Ich nehme zur Kenntnis, dass ich plötzlich der einzige Olympia-Befürworter bin", sagte Ude ironisch auf Vorwürfe, er habe den Kontakt zum Bürger verloren. Tatsächlich hätten Stadt, Freistaat, Sportverbände und die Partner im Oberland die Bewerbung gemeinsam vorangetrieben. Kritik am Termin des Bürgerentscheids bezeichnete der SPD-Politiker als "schlichtweg lächerlich". Das Datum sei von allen Beteiligten beschlossen worden.

OB-Kandidat Josef Schmid (CSU), der gerne Nachfolger Udes werden würde, nahm angesichts der vermuteten Olympia-Mehrheit auch die Wähler in die Pflicht. "Direkte Demokratie heißt auch: hingehen zur Wahl", erklärte er. Die schweigende Mehrheit müsse sich darüber im Klaren sein, dass ihre Interessen auf der Strecke bleiben, wenn sie nicht an Bürgerentscheiden teilnimmt.

Am Sonntag betrug die Wahlbeteiligung nicht einmal 29 Prozent. "Die Gegner eines Projekts haben es immer leichter, zu mobilisieren." Schmid forderte, schon in der Schule ein Bewusstsein für politische Beteiligung zu fördern. Es gelte, auf das gestiegene Bedürfnis nach politischer Mitsprache zu reagieren.

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Das sieht auch FDP-Fraktionschef Michael Mattar so, der sich schon im Vorfeld von Entscheidungen mehr Bürgerbeteiligung wünscht, damit Plebiszite gar nicht erst notwendig werden. Sollte die Zahl der Bürgerentscheide noch anwachsen, regt der liberale OB-Kandidat an, die Abstimmungen zu bündeln und mit einer regulären Wahl zusammenzulegen, damit eine höhere Beteiligung und damit auch ein repräsentativeres Ergebnis entsteht.

Nallinger will Kriterienkatalog

Ganz andere Schlüsse zieht die grüne OB-Kandidatin Sabine Nallinger aus dem Ergebnis der Olympia-Abstimmung: Angesichts des Unwohlseins der Münchner gegenüber dem IOC müsse für die Bewerbung um sportliche Großereignisse ein allgemeingültiger Kriterienkatalog entwickelt werden, der von vornherein festlegt, welche Verträge für die Stadt keinesfalls in Frage kommen. Zudem sei es sinnvoll, prinzipiell die Bürger zu befragen. Nallinger betont, dass dies auch für internationale Fußballbegegnungen wie die Champions League oder Europameisterschaften gelte.

Bei den anderen Rathausfraktionen hält sich die Begeisterung über diese Anregung in Grenzen. "Ich glaube nicht, dass der Stadtrat einen normierten Kriterienkatalog braucht", erklärte SPD-OB-Kandidat Dieter Reiter. Über Bewerbungen müsse stets im Einzelfall entscheiden werden - so wie es jetzt auch schon der Fall ist. Auch CSU und FDP halten den Vorschlag nicht für zielführend.

Ude geht ohnehin davon aus, dass es künftig sehr schwierig werden wird, überhaupt noch große Sportveranstaltungen in München auszurichten. "Ich bin stolz darauf, dass ich Ereignisse wie die Leichtathletik-EM, das Deutsche Turnfest oder das Champions-League-Finale nach München holen konnte."

© SZ vom 12.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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