Nach Hundeattacke:Stadt prüft Leinenzwang

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Der Protest unter den Hundehaltern könnte enorm werden: Doch nach der Attacke auf ein kleines Mädchen ist die Debatte um schärfere Vorschriften entbrannt. KVR-Chef Blume-Beyerle denkt nun über eine Abkehr von der liberalen Linie der Stadt nach.

Manuela Warkocz

Nach der Hundeattacke auf ein zweijähriges Mädchen in Harlaching denkt die Stadt über eine Verschärfung der Vorschriften für Hundehalter nach. Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle schließt einen Leinenzwang nicht mehr aus - "wenn das politisch so gewollt ist". Er rechnet in diesem Fall allerdings mit einem "großen Aufschrei der Hundehalter", so der KVR-Chef zur SZ. Allerdings registriert die Stadt, dass sich immer mehr Bürger über aggressive Hunde und deren ebenso aggressive Besitzer beschweren.

Nach einer Hundeattacke auf ein kleines Mädchen wird nun über einen Leinenzwang für Hunde debattiert. (Foto: SEYBOLDTPRESS)

Herrchen und Frauchen fühlen sich offenbar pudelwohl in der "hundefreundlichsten Stadt Deutschlands". Ein Fachmagazin hatte München 2009 zu diesem Titel verholfen, weil Hunden und ihren Besitzern nirgendwo sonst so viel Freiheit eingeräumt werde.

Zudem verlangt München die niedrigste Hundesteuer aller deutschen Großstädte. Der Kreisverwaltungsausschuss hatte noch im Sommer 2010 einen "Leinenzwang für alle Hunde im gesamten Stadtgebiet" abgelehnt. Und erst kürzlich hatte das KVR den entsprechenden Antrag eines Bürgers aus dem Stadtbezirk Altstadt-Lehel negativ beschieden. Stefan Engelsberger hatte sich beklagt, dass es an der Mariannenbrücke fast täglich zu Zusammenstößen mit freilaufenden, unkontrollierten Hunden komme. Bitte man, den Hund an die Leine zu nehmen, reagierten Hundehalter "respektlos und abweisend". Ihm seien sogar schon Prügel angedroht worden.

Der Labradormischling, von dem die zweijährige Pauline in Harlaching am 9. Juni schwer im Gesicht verletzt worden war, hatte bereits 2011 ein Kind angegriffen. Um zu entscheiden, ob das Kreisverwaltungsreferat der 73-jährige Besitzerin den Hund wegnimmt, soll jetzt ein Gutachter das Verhalten von Hund und Halterin untersuchen.

"Das ist so vorgeschrieben", rechtfertigt Blume-Beyerle das Vorgehen seiner Behörde, der ein zu nachsichtiger Umgang mit der Halterin vorgeworfen wird. Der Empfehlung des Hundesachverständigen werde man "dann natürlich folgen". Einen Maulkorbzwang für das Tier hatte das KVR bereits kurz nach dem Vorfall verfügt. Die Eltern des verletzten Kindes, das seit Wochen im Krankenhaus behandelt werden muss, fordern indes weitergehende Schritte zum besseren Schutz von Kindern.

Bislang, so Blume-Beyerle, verfolge die Stadt bei Vorfällen mit Hunden einen Stufenplan, der sich in der Regel bewährt habe, und erlasse im Einzelfall Anordnungen. Bei 31.000 registrierten Hunden in München sind vergangenes Jahr 330 Anzeigen eingegangen - in 80 Fällen erließ das KVR einen Leinenzwang und beließ es sonst bei Ermahnungen.

"Wenn sich aber der Eindruck verstärkt, dass Hundehalter mit ihren Hunden nicht verantwortungsvoll umgehen, dann kann ich mir vorstellen, dass wir in eine neue Diskussion über das Thema Leinenzwang eintreten", deutete er eine Kehrtwende an. Blume-Beyerle selbst besitzt einen Berner Sennenhund, den er nach eigenen Worten immer anleint, wenn Kinder in der Nähe seien oder Leute sich bedroht fühlen könnten.

Bislang gilt in München nur für Kampfhunde ein genereller Leinenzwang. Außerdem sind Hunde verboten auf allen Kinderspielplätzen und Freibädern sowie auf Spiel- und Liegewiesen, Zieranlagen und Biotopen, die mit - jedoch leicht zu übersehenden - grünen Pollern samt durchgestrichenen Dackel gekennzeichnet sind. Im Westpark dürfen Hunde nur an der kurzen Leine auf Wegen geführt werden.

In diesem Bericht stand, dass München die niedrigste Hundesteuer deutscher Großstädte hat. Das stimmte bis zum 1. Januar 2011. Zu diesem Zeitpunkt erhöhte die Landeshauptstadt den Satz von 76,80 auf 100 Euro. Auch nach der Anhebung liegt die Landeshauptstadt im unteren Drittel von Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern. Köln belegt die Spitze mit 156 Euro, Hamburg und Frankfurt rangieren am Ende mit 90 Euro pro Hund. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

© SZ vom 17.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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