Musikschule Gräfelfing:Der Klang der Familie

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Die Musikschule Gräfelfing blickt stolz auf die ersten 50 Jahre ihres Wirkens zurück. Am Sonntag wird das Jubiläum mit einem Festkonzert im Bürgerhaus gefeiert

Von Annette Jäger

Das ganze Haus klingt: Im Erdgeschoss der Musikschule Gräfelfing stimmt eine junge Musikerin ihr Cello. Im Treppenhaus drängen sich Schüler mit einer Querflöte in der Hand nach oben in den Konzertsaal. Sie treten gleich als Querflötenensemble mit "In der Halle des Bergkönigs" von Edvard Grieg auf. Gerade noch tönt das "Hallelujah" von Leonard Cohen aus dem Saal, im Ensemble auf Cello und Gitarre gespielt. Es wird auch noch Rock zu hören sein an diesem Abend, Blues und Samba auf Trompeten. Mit einer Langen Nacht der Musik hat die Musikschule Gräfelfing am vergangenen Freitag ihr 50. Jubiläum gefeiert.

Ein ganzes Haus, nur für die Musik, das ist "eine glückliche Lage", weiß Schulleiter Thomas Klein. Es gibt Probenräume auf zwei Stockwerken, fünf Flügel verteilt im ganzen Haus und unter dem Dach einen Konzertsaal für 100 Besucher. Verwaltet wird alles von Christiane Jung-Döhmer in ihrem Büro im Erdgeschoss. Seit 1979 ist sie Geschäftsführerin und damit schon Teil des Musikschul-Inventars. Die Schule steht an einem historischen Ort: neben der alten Stefanuskirche, im Herzen Gräfelfings. Früher stand hier der alte Pfarrhof. Er wurde abgerissen und genau im selben Stil wiederaufgebaut, um der Musikschule 1984 zur Herberge zu werden.

Jungen Talenten wird bei der Langen Nacht der Musik in Gräfelfing eine Bühne geboten. (Foto: Catherina Hess)

Der Weg zur Schule heißt Sigi-Segl-Weg. Segl - Lehrer, Heimatdichter, dritter Bürgermeister und emsiges Gemeindemitglied - gehörte neben dem damaligen Bürgermeister Leopold Bachhuber und anderen zu den Gründungsmitgliedern, die die Schule 1968 aus der Taufe hoben. Damals wurde noch Volksmusik und Hackbrett unterrichtet. Heute sind es 21 Instrumente, von Akkordeon über Mandoline und Oboe bis hin zu Zither. Dazu kommt noch Stimmbildung und Gesang. Mehr als 600 Schüler zählt die Schule heute.

Musikschulen müssen heute, anders als früher, mit einer Vielzahl an Freizeitangeboten konkurrieren. Noch dazu dauert die Schule oft bis in die späten Nachmittagsstunden, so dass für das Üben an den Instrumenten nicht viel Zeit bleibt. Trotzdem erfreut sich die Gräfelfinger Musikschule anhaltend guter Nachfrage. Vielleicht liegt das auch am Konzept: Alle Schüler spielen so früh wie möglich im Ensemble oder Orchester, um das gemeinschaftliche Musizieren zu erleben. Die Ensemblestunden gibt es gratis zum Einzelunterricht dazu. Das ist eine große Motivation, sagt Klein. Das jüngste Mitglied im Geigenensemble ist gerade mal fünf Jahre alt. Das Problem der langen Schultage löst die Schule pragmatisch: Mit Hort und Mittagsbetreuung gibt es die Vereinbarung, dass die Kinder zum Musikunterricht die Einrichtung verlassen dürfen. Die Schule stellt die Instrumente, sodass kein Schüler etwa sein sperriges Cello den ganzen Tag mitschleppen muss.

Alles für den guten Ton: bei einem Ausflug 1984 nach Herrenberg mit Gründungsmitglied Sigi Segl (in der Mitte) stand das Erlebnis der Gemeinschaft im Vordergrund. (Foto: privat)

Eine Musikschule ist offen für jeden, betont Klein. Schüler sollen unabhängig vom Begabungsgrad von der Pike auf ein Instrument lernen können. Trotzdem sollen besondere Talente gefördert werden. In Gräfelfing haben in den vergangenen Jahren regelmäßig Schüler erfolgreich am Wettbewerb "Jugend musiziert" teilgenommen und sich bis zum Bundeswettbewerb hochmusiziert. "Dafür reicht einmal pro Woche Unterricht nicht", sagt Klein. Die Schüler benötigen ein größeres Repertoire. Der zusätzliche Unterricht wird über Spenden des Musikschulvereins finanziert.

Die Musikschule feilt an neuen Konzepten, um auch in Zukunft attraktiv zu bleiben und Nachwuchs zu rekrutieren. Angedacht ist ein Angebot in den Ferien, um Kinder an die Musik heranzuführen, sagt Klein. Sozusagen eine Schnupperwoche mit einem Besuch bei einer Orchesterprobe sowie Rhythmus- und Gesangsunterricht. Außerdem müsse die Schule flexibler werden. Wer ein Instrument erlernen wolle, sei nicht bereit, bis zum neuen Schuljahr im September zu warten. Möglicherweise können Musikinteressierte in Zukunft auch während des Jahres in den Unterricht einsteigen.

In der Musikschule ging es stets auch um das Miteinander: hier auf engem Raum bei der Langen Nacht der Musik in Gräfelfing. (Foto: Catherina Hess)

Während dieser 50 Jahre ist das Haus auch ein Ort der Begegnung geworden. Das wurde bei der Langen Nacht der Musik am Freitag deutlich. Vor dem Haupteingang trafen sich Schüler und Eltern aus alten Zeiten: Die Eltern haben als Kinder hier Musik gemacht und schicken jetzt ihre eigenen Kinder zum Unterricht. So wie Cora Maikranz: Sie selbst hat 26 Jahre lang Flötenunterricht in der Schule erhalten. Jetzt werden ihre beiden Kinder sogar von derselben Lehrerin unterrichtet. "Für uns gehört Musik zur Bildung", sagt Maikranz. Dass sie, die in Pasing wohnt, die Kinder in die Musikschule nach Gräfelfing schickt, sei so "ein Heimatding": "Das ist wie Nach-Hause-Kommen." Die Musikschule feiert weiter: am Sonntag, 1. Juli, um 17 Uhr mit einem Festkonzert im Bürgerhaus, Bahnhofsplatz 1.

© SZ vom 27.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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