Münchner Wirtschaft:"Die Mieten steigen um 30 Prozent"

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Haus- und Grundbesitzerverein schlägt Alarm: Die Finanzkrise macht Wohnen in Deutschlands teuerster Stadt noch teurer.

Bernd Kastner

Der Haus- und Grundbesitzerverein prognostiziert eine enorme Mietsteigerung in München: plus 30 Prozent bis 2011, verglichen mit dem Jahr 2007. Verantwortlich dafür sei vor allem die Finanzkrise: Anleger investierten wieder vermehrt in Wohnungen, das führe zu häufigeren Verkäufen - und fast jeder Vermieterwechsel wiederum zu einer Mieterhöhung.

Angesichts der Wohnungsnot werden zunehmend alte Mietwohnungen saniert und zu überhöhten Preisen angeboten. (Foto: Foto: Heddergott)

Und so kommt Haus- und Grund-Chef Rudolf Stürzer auf den Anstieg von rund 30 Prozent: Zwischen 2006 und 2008 sei das Wohnen zur Miete durchschnittlich um 20 Prozent teurer geworden, dieser Trend dürfte anhalten. Der jüngste städtische Mietspiegel, der von 2007 bis 2009 nur ein Plus von 6,25 Prozent ausweist, verschleiere die tatsächliche Marktentwicklung, kritisiert Stürzer, weil dieser nach dem Lebenshaltungsindex fortgeschrieben wurde. 2011 aber, wenn bei der nächsten Neuauflage die Daten wieder auf der Grundlage von tatsächlichen Stichproben erhoben werden müssen, rechne er "mit einem bösen Erwachen".

"Die Immobilie ist wieder gefragt", konstatiert Stürzer. Während viele Eigentümer zuletzt den Ärger mit Behörden, Handwerkern oder Mietern gescheut und lieber in Aktien oder Schiffsbeteiligungen investiert hätten, sähen sie im Vermieten nun "das kleinere Übel": "Der tägliche Kleinkrieg belastet weniger als das Damoklesschwert des Totalverlusts an der Börse", sagt Stürzer, und: "Wir begrüßen diesen Trend."

Steigende Einwohnerzahlen, aber weniger Neubauten

Aber er wirke sich eben auch auf den Mietpreis aus. Gefragt bei Anlegern seien vor allem gute, gebrauchte Wohnungen. Ein Neu-Besitzer stehe aber unter erhöhtem Druck der Banken, müsse also möglichst viel aus seiner Immobilie rausholen: "Er neigt dazu, die erlaubte Miete auszureizen." Erst recht bei institutionellen Investoren, die ihren Anlegern eine enorme Rendite versprechen. Alt-Vermieter seien dagegen meist kulanter, weil ihre Immobilie in der Regel abbezahlt sei.

Neben der aktuellen Krise gebe es weitere Gründe, die den Mietpreis in der Stadt, ohnehin Deutschlands teuerste, weiter steigen lassen dürften: Statt der angepeilten 14000 neuen Wohnungen in den vergangenen beiden Jahren seien nur 8700 gebaut worden. Und das bei steigender Einwohnerzahl: plus 33500 in diesem Zeitraum, Tendenz steigend. Dazu komme eine wachsende Geburtenzahl und die prognostizierte Zunahme der Arbeitsplätze in München.

Angesichts des Runs auf gebrauchte Wohnungen warnt Stürzer vor "unseriösen Geschäftemachern". Zunehmend beobachte er, dass Makler im Auftrag von Investoren Miet- in Eigentumswohnungen umwandeln und diese dann zu überhöhten Preisen anbieten. Am riskantesten seien Wohnblöcke aus den 60er Jahren, die sich heute in einem schlechten Zustand befinden, auch aus energetischer Sicht. Eine teure Sanierung sei dort bald unvermeidlich, wenn aber keine Rücklage vorhanden sei, müsse ein Neuerwerber bald tief in die Tasche greifen.

Schlimmer als der Gebrauchtwagenmarkt

Stürzer beobachtet nach eigenen Angaben eine "relativ aggressive Verkaufspolitik" mancher Makler, die Interessenten angesichts der Finanzkrise ein oft recht zweifelhaftes Immobilieninvestment schmackhaft machen wollten. Deren Zielgruppen seien die bisherigen Mieter, aber auch außenstehende Anleger. Der Haus- und Grund-Chef rät allen potentiellen Käufern zu "höchster Vorsicht": "Das ist schlimmer als auf dem Gebrauchtwagenmarkt."

Aber auch vor dem "Abkassieren" von Hauseigentümern durch die Stadt warnt Stürzer. Die sogenannte Straßenausbaubeitragssatzung ist ihm ein Ärgernis, denn die erlaube der Kommune, die Kosten für die Kompletterneuerung einer Straße auf die Anlieger umzulegen, und zwar bis zu 70 Prozent. Das aber sei nicht in Ordnung, weil die Stadt selbst den maroden Zustand vieler Straßen zu verantworten habe - durch unsachgemäße Flickschusterei: Frostlöcher würden nur notdürftig gestopft und so im Lauf der Jahre größer und größer. Stürzer rät zur Gegenwehr: Hausbesitzer sollten die Löcher und die "Asphaltkosmetik" fotografisch dokumentieren, um die Bilder notfalls vor Gericht als Beweis vorzulegen.

Während sich bei der Straßenumlage zu viel tue, tue sich bei der energetischen Sanierung von Mietshäusern in Stürzers Augen zu wenig. 200000 Wohnungen hält er für sanierungsbedürftig. Während bei selbstgenutzten Immobilien noch zwei von drei Eigentümern, die sich beraten lassen, dann auch die Handwerker bestellen, seien es bei Mietshaus-Besitzern nicht einmal 30 Prozent. Den Grund sieht Stürzer im häufigen Widerstand der Mieter: Die wollten zwar bessere Gebäudedämmung, dafür meist aber nicht mehr Miete bezahlen. Und einen Gang vor Gericht, um die Bewohner zu zwingen, scheuten wiederum die Vermieter. Also passiere zu oft gar nichts.

© SZ vom 07.05.2009/sus - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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