Münchner verklagt Freistaat:Geleast, gemietet, geklaut

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Ein Münchner Gastronom verklagt den Freistaat auf Schadenersatz, weil sein geliehenes Luxusauto nach Syrien verschoben wurde. Die Polizei war der Diebesbande auf der Spur - doch das Auto verschwand trotzdem. Hätte sie einschreiten können? Fragen wirft aber auch die ungewöhnliche Taktik des Klägers auf.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Ein Münchner Gastronom, der an etlichen stadtbekannten Lokalen beteiligt ist und für weitere die Konzepte entwickelt hat, will den Freistaat für einen gestohlenen 7er BMW in die Haftung nehmen. Das Fahrzeug war in die Hände einer Luxus-Automafia geraten und nach Syrien verschoben worden.

Der Gastronom sagt nun, dass die Polizei zu diesem Zeitpunkt die Bande längst im Visier hatte und den BMW über einen Peilsender verfolgen konnte. Trotzdem hätten die Ermittler zugelassen, dass die teure Karosse in den Nahen Osten geschleust wurde, wo sie seither verschwunden sei. Der Münchner verlangt Schadensersatz im Rahmen der Amtshaftung. Am Mittwoch wurde der Fall vor dem Landgericht München I verhandelt.

Geleast, vermietet, weitervermietet

Der Münchner hatte den BMW 730 d im September 2006 geleast und direkt an seine eigene Gaststätten GmbH weitervermietet. Über die wiederum vermietete er den Wagen an einen Geschäftsfreund, der das Fahrzeug seinerseits an einen Mann vermietete, der Kontakt zu der Autoschieberbande hatte - wie sich aber erst später herausstellte. Der verkaufte der Bande das Auto für weniger als 11 000 Euro. Der Wagen wurde dann zusammen mit zahlreichen weiteren Luxusfahrzeugen nach Syrien gebracht. Dort soll der 7er BMW schließlich gestohlen worden sein.

Natürlich machte BMW-Leasing den Münchner Gastronomen für den Verlust haftbar. Wie in der Gerichtsverhandlung bekannt wurde, stotterte dieser die damalige Restforderung von mehr als 42 000 Euro monatlich in 600-Euro-Raten ab. Zudem musste er auch für die Leasingraten von rund 40 000 Euro geradestehen.

Diesen finanziellen Schaden will der Münchner beim Freistaat als Dienstherrn der Münchner Kripo und des Bayerischen Landeskriminalamts einklagen. Zumal bei seinem damaligen Geschäftsfreund, dem er das Auto über seine Gastro-Firma vermietet hatte, nichts zu holen sein dürfte: Der habe nämlich für sein eigenes Lokal mittlerweile Insolvenz angemeldet, wie das Gericht in der Verhandlung aus den Behördenakten vorlas.

Schaden in Millionenhöhe

Der Fall der Autoschieber hatte 2006 und 2007 Schlagzeilen gemacht, nachdem die Bande dank einer undichten Stelle in den eigenen Reihen observiert und schließlich ausgehoben, angeklagt und verurteilt werden konnte. Die Bande hatte einen Schaden von mehreren Millionen Euro angerichtet. Bei den Haupttätern handelte es sich vorwiegend um Iraker und Serben. Über eine Vielzahl von Helfershelfern hatten sie sich bis zu 100 000 Euro teure Leasingwagen beschafft und mit gefälschten Papieren in den Orient verschoben.

Die 15. Zivilkammer muss nun klären, ob die Polizisten tatsächlich hätten einschreiten müssen. Die Fahnder hatten jedenfalls bei der Beschattung der Bande mit richterlicher Genehmigung Telefongespräche abgehört, in denen über die Autos und Kaufpreise verhandelt worden war. Allerdings hatten die Täter nur kryptisch von "Lampen" und "Paletten" gesprochen und die Kaufpreise ebenfalls verschlüsselt. Gleichfalls mit richterlicher Erlaubnis war dann der 7er BMW über einen Peilsender geortet worden. Da befand er sich aber schon in Sterzing in Südtirol.

Der Freistaat argumentiert nun, dass es unmöglich gewesen wäre, schnell genug im Rahmen der Amtshilfe die italienischen Behörden zum Zugreifen zu bewegen. Das Gericht wird unter anderem ergründen müssen, ob die Beamten damals ihren Ermessensspielraum korrekt ausgeschöpft haben. Klar ist, dass Privatpersonen keinen subjektiven Anspruch darauf haben, dass die Polizei zur Sicherung ihres Eigentums einschreitet. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 06.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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