Münchner U-Bahn:Fernsehen auf allen Linien

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"Die gefühlte Fahrzeit verkürzen": Bis 2014 wollen die Stadtwerke die Waggons in den Münchner Tram- und U-Bahnen mit Bildschirmen aufrüsten.

Berthold Neff

Fernsehen auf Schienen: Vom Sommer an werden die Fahrgäste in der U-Bahn und in der Tram auf 2100 Doppelbildschirmen informiert und unterhalten. Von dem neuen Fahrgast-Fernsehen verspricht sich die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) einen "Quantensprung in Sachen Kundenservice".

Das neue Angebot mit seinem Mix aus Nachrichten, Unterhaltung und Werbung werde nicht nur Informationslücken während der Fahrt schließen, sondern auch die "gefühlte Fahrzeit verkürzen", sagte MVG-Chef Herbert König am Donnerstag bei der Präsentation des "Infotainsystems". Das alles wird den Kunden zwar in HDTV-Qualität offeriert, aber ohne Ton: Wer nicht will, braucht also nicht zu schauen.

Die MVG lässt sich die Informationsoffensive 6,5 Millionen Euro kosten, hofft aber, dass sich diese Kosten schon bald amortisieren, und zwar über die Werbung, die auf dem rechten der beiden Bildschirme läuft. Während der linke Monitor für die Anzeige der Haltestellen und der Umsteigemöglichkeiten vorgesehen ist und schnell über Störungen informieren soll, läuft auf dem rechten Bildschirm ein Programm, das der Fahrgast-TV-Anbieter "Berliner Fenster GmbH" zusammenstellt.

Die Berliner Firma sorgt schon seit zehn Jahren in den U-Bahnen der Hauptstadt für den Mix aus Nachrichten und Unterhaltung, und zwar auf 3768 Doppelmonitoren in mehr als tausend U-Bahn-Wagen. An der Spree sind die Fahrgäste mit dem Stummfilm-Angebot im Untergrund sehr zufrieden, die Firma verzeichnet Akzeptanzwerte von 82 Prozent und schreibt seit drei Jahren schwarze Zahlen.

Für sein Engagement beim "Münchner Fenster" rechnet Geschäftsführer Andreas Orth mit Investitionen von bis zu einer Million Euro. Dazu bauen die Berliner in München ein Studio auf und wollen mit regional und national führenden Redaktionen zusammenarbeiten. Welches Medium die aktuellen Nachrichten für den rechten Monitor liefern wird, steht noch nicht fest. Vorgesehen ist, das Programm in 15-Minuten-Schleifen ohne Ton auszustrahlen und im Tagesverlauf ständig zu aktualisieren und zu verändern.

Im Berufsverkehr wird es zum Beispiel andere Infos geben als nach 9 Uhr, wenn die Touristen in die U-Bahn strömen und dann auf den Monitoren erfahren, was ihnen München an diesem Tag alles bietet. Die Werbung soll 20 Prozent des Gesamtangebots nicht überschreiten, wobei die MVG-Informationen nicht als Reklame gelten.

Die europaweite Ausschreibung für die Monitore läuft derzeit, mit dem Einbau in die Fahrzeuge könnte im Sommer begonnen werden. Ausgerüstet werden bei der U-Bahn alle Wagen, die noch mindestens zehn Jahre fahren sollen. Jeder Wagen erhält vier Doppelbildschirme, die Rücken an Rücken angeordnet sind, damit möglichst viele Fahrgäste die Bildschirme sehen können.

Bis 2014 sollen alle Fahrzeuge bei der U-Bahn damit ausgerüstet sein. Es könnte aber noch zu Verzögerungen kommen, weil die Züge außerdem auch Kameras zur Videoüberwachung, einen besseren Brandschutz, Zählgeräte für die Fahrgast-Statistik und neue Bordrechner erhalten. Auch bei der Tram soll die Umstellung bis 2014 beendet sein.

Das Übertragen der Fahrgastinfos und des TV-Programms erfolgt über ein neues Funkübertragungssystem auf Breitbandbasis. Es wird zunächst an wichtigen Knotenbahnhöfen sowie an den Abstellanlagen der U-Bahn aufgebaut, um die Übertragung von Live-Daten in die Fahrzeuge zu sichern. Damit kommt nun doch noch zumindest ein Stückchen Transrapid nach München. Das System wurde ursprünglich für den Magnetschwebezug entwickelt und wird bei der Strecke in Schanghai verwendet.

© SZ vom 05.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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