Münchner Schulen:"Bildungspolitischer Frevel"

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Die städtischen Gymnasien müssen 345 Schüler abweisen. Zusätzliche Plätze scheitern am Kostenstreit zwischen Stadt und Freistaat.

Berthold Neff

Längere Schulwege, größere Klassen: Das erwartet viele Münchner Schüler, die im kommenden Schuljahr aufs Gymnasium wechseln. Weil sich Stadt und Freistaat trotz steigender Schülerzahlen nicht auf eine Übergangslösung einigen konnten, müssen 345 neue Fünftklässler, für die in städtischen Gymnasien kein Platz ist, auf staatliche Schulen ausweichen. Die Stadt lehnt es aus Kostengründen ab, mehr als 50 Eingangsklassen einzurichten.

Der Platz wird knapp in den städtischen Gymnasien: 345 Schüler müssen auf staatliche Schulen ausweichen. (Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) zeigte sich am Dienstag "enttäuscht, dass eine gute Lösung an der unflexiblen Haltung der Stadt gescheitert ist". Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) wiederum verwies auf das städtische Angebot, weitere Eingangsklassen einzurichten, sofern die dafür nötigen Lehrkräfte komplett vom Staat bezahlt würden. Sie nannte es einen "Skandal", dass der Freistaat das städtische Angebot mit der Begründung abgelehnt habe, eine Vollfinanzierung dieser staatlichen Lehrer an städtischen Schulen sei aus Haushaltsgründen nicht möglich.

Die Stadt, so Strobl, betreibe ihre 14 eigenen Gymnasien auch in finanziell schwierigen Zeiten, obwohl der Freistaat heute nur etwa 40 Prozent statt der gesetzlich festgelegten 61 Prozent der Lehrpersonalkosten erstatte. Von den 90,6 Millionen Euro Lehrpersonalkosten für die städtischen Gymnasien übernehme der Freistaat nur 34,5 Millionen Euro.

Der vom Kultusminister ins Spiel gebrachte Kompromiss, dass Stadt und Staat je drei zusätzliche Eingangsklassen einrichten sollten, hätte für die Stadt Kosten von 100000 Euro pro Jahr bedeutet. Die Rathaus-CSU kritisiert, dass Rot-Grün diese Investition scheut. CSU-Fraktionschef Josef Schmid: "Die dargereichte Hand des Freistaats zu Lasten der Münchner Gymnasiasten auszuschlagen, ist bildungspolitischer Frevel."

Allerdings hatte die Stadt auch angeboten, in ihren Gymnasien kurzfristig Filialen staatlicher Gymnasien einzurichten - dies lehnte der Freistaat ab, obwohl es an den von ihm betriebenen Schulen zu wenige Räume gibt. Die Engpässe entstehen in den beiden nächsten Schuljahren, weil G8 und G9 bis zum Doppelabitur 2011 parallel laufen.

Bürgermeisterin Christine Strobl versicherte am Dienstag, es sei nach wie vor das Ziel, "gemeinsam mit dem Staat nach schnellen Lösungen zu suchen". Außerdem bemühe sich die Stadt, durch Bauvorhaben an insgesamt zehn staatlichen Gymnasien mehr Räume zu schaffen, so dass die Münchner Gymnasien bereits ab 2010 mit 26 zusätzlichen Klassenzimmern rechnen könnten.

CSU-Fraktionschef Josef Schmid will am heutigen Mittwoch im Plenum erneut versuchen, die Deckelung auf 50 Eingangsklassen für die städtischen Gymnasien vorerst aufzuheben - zumindest bis die zwei neuen staatlichen Gymnasien in Trudering und Milbertshofen 2012 ihren Betrieb aufnehmen. Der derzeitige Zustand sei nicht hinnehmbar. Das städtische Louise-Schroeder-Gymnasium in Untermenzing zum Beispiel habe von 181 Bewerbungen 31 zurückgewiesen, "nicht einmal Geschwister können auf die gleiche Schule gehen".

© SZ vom 20.05.2009/dab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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