Kritik:Eindrückliches Erlebnis

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Die Münchner Philharmoniker unter Leitung von Lahav Shani in der Isarphilharmonie.

Von Andreas Pernpeintner, München

Irgendwie wirkt Dvořáks "Karneval"-Ouvertüre als Auftakt des Philharmoniker-Konzerts in der Isarphilharmonie überflüssig. Als Kontrastprogramm aber ist das Stück gut: Welch feinsinniges Werk Ravels nachfolgendes G-Dur-Klavierkonzert ist, wird nach dem Geschepper umso deutlicher. Herrlich, wie elastisch Ravel hier Ende der 1920er Jahre komponiert hat. Man hört Farbigkeit wie von Debussy (wundervolle Harfeneffekte!), geschmeidige Bläsermelodien, die von Gershwin sein könnten, repetitives Klavierspiel, als säße Prokofjew an den Tasten.

Besonders schön ist der Mittelsatz: Er beginnt mit einem Klaviersolo, das in seinem schlichten Gebetscharakter weit weg ist von konzertierendem Virtuosentum - und deshalb umso bewegender. Mit hellen Holzbläsern gesellt sich wie selbstverständlich das Orchester hinzu. Pianist Seong-Jin Cho und die Philharmoniker unter der Leitung von Lahav Shani spielen das hinreißend, Cho den Blick häufig dem Dirigenten zugewandt, damit keine Nuance unkoordiniert bleibt. Den Diskant intoniert er so sanft, dass er ihn mehr berührt als niederdrückt. Auch das nachfolgende Presto ist mit seinem dahinhuschenden Pulsieren ungemein charmant und trotzdem in seiner Motorik stets konkret. Als Klavier-Zugabe dann Debussys "Clair de lune" in agogisch fast weltentrückter Interpretation.

Damit wäre der Abend mit reichlich Eindrücken gefüllt. Doch folgt noch Berlioz' Symphonie fantastique. Dass sie aus den 1830er Jahren stammt (und nicht erst aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert) muss man sich bei ihrer expressiven Wucht öfter ins Gedächtnis rufen. Was dieses Werk erzählt und musikgeschichtlich bedeutet, ist hinlänglich bekannt. Mit welcher Hingabe es Shani dirigiert, auswendig, die Knie oft wie auf dem Sprung gebeugt, ohne Dirigentenstab mit seinen Händen fast wie ein Chordirigent Aussagen formend, und wie akkurat ihm die Philharmoniker in den interpretatorischen Details folgen, das ist ein Erlebnis.

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