Münchner Liebfrauendom:Eine Kirche wird trockengelegt

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Seine Fassade ist seit Jahren ein Sorgenkind: Jetzt verschwindet der Dom, das Wahrzeichen der Stadt, für Jahre hinter Baugerüsten.

Monika Maier-Albang

In den vergangenen Jahren ging es einfach nicht: Papstbesuch, WM und dann noch der 850. Stadtgeburtstag. Fernsehkameras und Touristen aus aller Welt blickten auf München - da konnte das Wahrzeichen der Stadt nicht eingerüstet werden. Jetzt hat das Staatliche Bauamt eine Generalsanierung der bröckelnden Fassade in Angriff genommen. Der Dom bleibt deshalb für einige Jahre verhüllt.

Eingerüstet bis unter die Haube: Weil die Wände des Doms feucht sind, soll die Fassade nun saniert werden. Die Arbeiten beginnen am Nordturm. (Foto: Foto: Haas)

Seit Jahren ist die Domfassade ein Sorgenkind: Ziegel- und Gesteinsbrocken lösen sich; damit nichts herabfällt, sind Teile der Fassade mit Netzen gesichert. Zudem war man dazu übergegangen, den Dom zweimal im Jahr mit einem hydraulischen Kran abzufahren, um loses Gestein einzusammeln.

Schließlich muss der Freistaat, der für die Fassade des Doms zuständig ist, sicherstellen, dass niemand zu Schaden kommt. Im Oktober hatte das Bauamt begonnen, den Nordturm bis unter die Spitze einzurüsten. Inzwischen steht das Gerüst, und sobald es freigegeben ist, werden Experten das Mauerwerk unter die Lupe nehmen.

"Gewaltige Aufgabe"

Vor allem an der Wetterseite hat Regenwasser dem Mauerwerk stark zugesetzt. Die bis zu vier Meter dicken Wände sind so durchnässt, dass Michael Hauck, der vom staatlichen Bauamt als Experte hinzugezogene Leiter der Passauer Dombauhütte, "irreparable Schäden" befürchtet für den Fall, dass jetzt nicht gehandelt werde. Die Sanierung wird sich über Jahre hinziehen. Wie lange und zu welchen Kosten, dazu wagt momentan niemand eine Prognose. Hauck spricht nur von einer "gewaltigen Aufgabe".

Für voraussichtlich drei Jahre bleibt zunächst der Nordturm eingerüstet. An ihm wollen die Sachverständigen die Schäden genau untersuchen und dann testen, was zu tun ist. Kurt Bachmann, Leiter des staatlichen Bauamtes München I, vermutet, dass vor allem die nach dem Krieg notdürftig durchgeführten Reparaturen dem Mauerwerk zusetzen.

Der im 15. Jahrhundert unter dem Baumeister Jörg von Halspach errichtete Liebfrauendom war ursprünglich aus gebrannten Ton-Lehmziegeln errichtet und mit Kalkmörtel verfugt worden. Die alten Ziegel sind bis heute gut erhalten. Bei den Nachkriegsziegeln indes ist die Oberfläche porös geworden. Der Mörtel, den man damals verwendete, ist mit Zement versetzt, was ihn eigentlich stabiler machen sollte. De facto aber ist er heute brüchiger als der ursprüngliche reine Kalkmörtel. Beides bietet Bachmann zufolge "Angriffsfläche für das Regenwasser". Hinzu kommt, dass der an den Bögen verwendete Tuffstein das Wasser offenbar regelrecht in das Mauerwerk saugt. Ursprünglich war der Naturstein mit Kalkmörtel verputzt, der heute fehlt.

Ziegel trocknen nicht mehr aus

Nun wäre das Regenwasser allein kein Problem. Dass die Ziegel ab und an nass werden, ist normal. Normalerweise müssten sie aber auch wieder austrocknen. Diese Fähigkeit zur Selbstregulation ist der Domfassade abhanden gekommen. Von einer "Störung im Feuchtehaushalt", spricht Hauck. Woran das liegen könnte, wissen die Spezialisten noch nicht. Sie vermuten, dass bei Ausbesserungsarbeiten in den vergangenen Jahrzehnten Materialien verwendet wurden, die die Verdunstung behindern.

Im Februar soll nun am Nordturm mit einer "Schadenskartierung" begonnen werden: Restauratoren werden Ziegel für Ziegel untersuchen, Chemiker und Bautechniker herauszufinden versuchen, wie weit das Wasser ins Mauerwerk eingedrungen und wie stark es durch Säuren und Salze geschädigt ist. Bauamt und Ordinariat stellen sich auf eine lange, weil "behutsame und nachhaltige Sanierung" (Bachmann) ein - und auf erhebliche Kosten.

Die muss, so haben es Freistaat und Heiliger Stuhl im Konkordat von 1924 geregelt - die Kirchenstiftung des Doms tragen. Erst wenn die Stiftung zahlungsunfähig wäre, müsste der Staat einspringen, wovon bislang aber nicht die Rede ist. "Um Geld wird hier nicht gestritten. Wir haben ein gemeinsames Interesse, den Dom in einem guten Zustand zu halten", sagt Domdekan Lorenz Wolf. Im ersten Sanierungsjahr hat die Kirchenstiftung schon mal eine halbe Million Euro veranschlagt.

© SZ vom 30.01.2009/pfau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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