Münchens junge Kreative:"Ich betrachte Stoffe als Kunst"

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Tom Kain. (Foto: Florian Peljak)

Wo arbeiten Münchens junge kreative Köpfe? Wir haben sie an ihren Arbeitsplätzen besucht und ihnen über die Schulter geschaut. Heute: Thomas Kain.

Von Luca Lang

Die zehn Gebote, die sieben Todsünden und Slavoj Žižek. Schlagworte und Namen, bei denen man nicht unbedingt an Mode denkt. Doch es sind Themen, mit denen sich Thomas Kain schon während seines Modedesignstudiums auseinandersetzte. Während der Arbeit an seiner Abschlusskollektion wurde ihm klar, dass es ihm mit seinen Arbeiten nicht nur um Mode geht.

(Foto: Florian Peljak)

"Ich betrachte Stoffe als Kunst", sagt der 28-Jährige. Seit diesem Semester studiert Thomas an der Münchner Kunstakademie. Seine Arbeiten sind immer konzeptionell, beginnen beim Text, bei Theorien. Žižek, Lacan, das Verständnis von Genuss, die Bibel. Dabei nutzt er nicht mehr nur Mode. "Ich würde gern alle Medien nutzen, um meine Konzepte umzusetzen", sagt er.

(Foto: Florian Peljak)

"Was für mich ganz wichtig ist, sind Rohstoffe und die Wertigkeit dahinter", sagt Thomas. Vor allem das Bewusstsein für diese Ressourcen fehle in unserer Gesellschaft, sagt er. Damit meint der Modedesigner und Künstler aber nicht nur den CO₂-Ausstoß einer Milliarden-Industrie und die Abfälle der Textilproduktion. Hinter den Kleidungsstücken stehen Menschen und ihre Arbeit, oft unter miserablen Bedingungen.

(Foto: Florian Peljak)

Während eines Praktikums in Istanbul hat er diese Arbeit selbst erlebt. Dort arbeitete er zum Teil selbst in einer Fabrik, in der Textilien für die Massenproduktion genäht wurden. Deshalb hat Thomas für seine Abschlusskollektion keine neuen Materialien verwendet. "Es gibt so viele Abfallprodukte, die niemand verwertet, die ich dann verwendet habe."

(Foto: Florian Peljak)

Er arbeitete ausschließlich mit Garnresten großer Konzerne, Kabeln, die nicht mehr recycelt werden können oder Leder, das bei Herstellern von Fahrzeuginnenräumen ausgemustert wurde, weil es kleine Makel aufwies. "Diese Defekte haben aber auch eine Geschichte und eine Atmosphäre", findet Thomas. Neben seinem Studium arbeitet der Künstler als Erzieher mit Kindern und Jugendlichen in einem Heim.

(Foto: Florian Peljak)

Es ist eine Arbeit, aus der er auch für seine Kunst Inspiration schöpfen kann, "weil es einfach ein krasses Gegenstück ist zum Konzeptionellen mit Menschen, deren Schicksalen und Perspektiven zu tun zu haben", sagt Thomas. Und das, was er kreativ so kann, versucht er auch seinen "Kids" beizubringen, wie er sagt; zum Beispiel das Schreiben kreativer Tagebücher. "Und auch das Stricken habe ich ihnen beigebracht."

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