München:Gravierende Vorwürfe gegen Musik-Professor

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  • Die Staatsanwaltschaft wirft einem ehemaligen Professor der Musikhochschule Vergewaltigung in drei Fällen und Drogenbesitz vor.
  • Die entsprechende Anklage ist noch nicht zugelasen.
  • Der Anwalt des Mannes hält das für eine "Vorwegnahme der neuen Gesetzgebung" zum Sexualstrafrecht.

Von Christian Rost, München

Zwei Monate nach der Verurteilung des ehemaligen Rektors der Musikhochschule München, Siegfried Mauser, wegen sexueller Nötigung hat die Staatsanwaltschaft jetzt die Ermittlungen zu einem weiteren Fall von mutmaßlichen Übergriffen im Umfeld der Einrichtung abgeschlossen. Die Ankläger wollen einen Komponisten, der als Professor an der Hochschule tätig war, wegen drei Fällen der Vergewaltigung und Drogenbesitzes vor Gericht bringen.

Die Anklage gegen den 62-Jährigen wurde bereits der 3. Strafkammer am Landgericht München I zugeleitet. Das Gericht unter dem Vorsitz von Anton Winkler muss nun über die Zulassung entscheiden. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft sind nach SZ-Informationen gravierend und stehen auch in einem direkten Zusammenhang mit der Lehrtätigkeit des Angeschuldigten an der Musikhochschule. Er soll Ende 2006 und Anfang 2007 eine Frau vergewaltigt haben, deren Bruder bei dem Professor studierte.

Die Frau sagte bei ihrer Vernehmung, dass sie sich nur mit dem Komponisten eingelassen habe, weil er damit gedroht habe, ihren Bruder von der Hochschule "fliegen" zu lassen. Während der Beziehung soll es nach den Angaben des mutmaßlichen Opfers zu insgesamt 13 gewaltsamen sexuellen Übergriffen gekommen sein. Drei Fälle davon bringt die Staatsanwaltschaft nun zur Anklage, die anderen Fälle wurden eingestellt.

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Anders als im Fall Mauser, der laut Amtsgerichtsurteil eine Professorin betatschte und sie gegen ihren Willen küsste, soll sich der Komponist für sexuelle Ausschweifungen an Studentinnen und Studenten beziehungsweise an deren Bekanntenkreis gehalten haben. 29 Studenten und deren Freunde hat die Staatsanwaltschaft als mögliche Zeugen benannt, die alle mehr oder weniger intime Verhältnisse mit dem Angeschuldigten gehabt haben sollen. Die Zeugen haben dies jedenfalls bei ihren Vernehmungen eingeräumt, aber betont, sich freiwillig mit dem Mann getroffen zu haben. "Es gab viele Studentinnen und Studenten, die da gerne mitgemacht haben", so ein mit dem Fall vertrauter Jurist. Es soll auch gemeinsame Swinger-Club-Besuche gegeben haben.

Nach der Anzeige des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers stürmte die Polizei am frühen Morgen des 28. April 2015 das Haus des Professors im Münchner Osten. Ein Sondereinsatzkommando schlug die Terrassentür ein und weckte die Familie. Die Polizei ging dem Verdacht nach, dass der Mann illegal eine scharfe Waffe und Drogen besitzt. Gefunden wurden eine Gaspistole, Kokain und Amphetamine.

Widerstand gegen die Polizisten soll eine Studentin der Musikhochschule geleistet haben, die im Keller des Hauses wohnte. Als sie die Beamten mit einer Art Stundenplan konfrontierten, auf dem sie ihre wechselnden Sexualkontakte eintrug, soll sie entgegnet haben, diese gingen niemand etwas an. Der Professor soll den Drogenbesitz eingeräumt und erklärt haben, dass er die Substanzen zur Schmerzstillung wegen eines Bandscheibenvorfalls benötige. Den Vorwurf der Vergewaltigung stritt er ab.

Sein Verteidiger Steffen Ufer spricht von einem "unfassbaren Fall" und betont, dass das angebliche Vergewaltigungsopfer über ein Jahr hinweg ein Verhältnis mit dem Musikprofessor gehabt habe. Die Frau sei dem Professor und seiner Familie sogar nachgereist, als diese vorübergehend in Berlin lebte, und habe sich dort einquartiert. Die Anklage der Staatsanwaltschaft ist für Anwalt Ufer eine "Vorwegnahme der neuen Gesetzgebung" zum Sexualstrafrecht. Das Opfer habe möglicherweise ein "inneres Nein" bei Sexualkontakten mit dem Professor empfunden, dies aber nicht zum Ausdruck gebracht.

Der Professor ist derzeit von seiner Lehrtätigkeit freigestellt. Gegen ihn läuft an der Musikhochschule ein Disziplinarverfahren. Seine Familie vermutet, dass es sich um ein Komplott und einen Racheakt gegen den Musiker handelt: Ein anderer Professor, der nicht verbeamtet sei und dem Komponisten das Amt an der Hochschule neide, habe das mutmaßliche Vergewaltigungsopfer zur Anzeige angestiftet.

© SZ vom 13.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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