Müllmythen:Gerüchte für die Tonne

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Über den Abfall und die Entsorgung kursieren immer wieder Behauptungen, die gar nicht stimmen - oder zumindest seit Jahren schon überholt sind. Acht Richtigstellungen

Von Pia Ratzesberger

Flaschen, Dosen und Plastikabfälle gehören in die Container der rund 1000 Wertstoffinseln, die über das Stadtgebiet verteilt sind. (Foto: Alessandra Schellnegger)

In manchen Mietshäusern in der Stadt findet sich noch eine äußerst praktische Erfindung. Man öffnet eine Lade, kippt hinein, was man nicht mehr braucht, und dann ist nur noch ein leises Klong zu hören - die Gewissheit, dass der Sack am Boden des Müllschluckers angekommen ist. Zwar ist es praktisch, dass der Abfall von einem Moment auf den anderen aus unserem Leben verschwindet, ob in einem Müllschlucker oder in einer Tonne. Doch das befördert auch, dass man sich viele Geschichten über den Müll erzählt, die nicht stimmen und die sich dennoch immer weiter verbreiten. Acht Behauptungen:

Es lohnt sich überhaupt nicht, seinen Müll zu trennen

Oh doch. Denn nur aus reinem Glas kann wieder neues Glas werden. Das gilt auch für alle anderen Materialien, wie Plastik, Papier oder Metall. Wenn man es in einen größeren Zusammenhang setzt: Wer seinen Müll nicht trennt, verhindert, dass die Ressourcen der Erde geschont werden. Wenn man sich das Beispiel Glas ansieht, versteht man schnell, wie viel verloren geht, wenn man eine Flasche in den Restmüll wirft, anstatt sie zu einem Container zu bringen. Denn Glas kann unendlich oft wieder eingeschmolzen werden und dabei braucht es lange nicht so viel Hitze wie bei den Rohstoffen, aus denen neues Glas hergestellt wird. Altglas spart deshalb nicht nur Quarzsand, Kalk und Soda, sondern auch Energie.

Der Restmüll wird noch einmal sortiert

Nein. Wenn man zu Hause nicht sortiert, nimmt einem das leider keiner mehr ab. In München fahren die Laster den Müll ins Heizkraftwerk Nord und dort wird alles verbrannt. Dabei findet sich in den knapp 313 000 Tonnen noch immer viel Müll, der überhaupt nicht hätte verbrannt werden müssen. Den Abfallwirtschaftsbetrieben zufolge machen Biomüll, Plastik, Papier und andere Wertstoffe zusammen bis zu 70 Prozent im Restmüll aus - die nicht recycelt werden, weil sie in der falschen Tonne lagen.

Die Stadt verbrennt das Plastik ohnehin lieber

Das mag früher so gewesen sein, weil Kunststoffe gut brennen und die Temperaturen im Heizkraftwerk schnell anstiegen. Aber mittlerweile hat sich das verändert, die Stadt ist das viele Plastik nach eigenen Angaben sogar leid. Denn die Kunststoffe machten zuletzt mehr als zehn Prozent des Restmülls aus. Zudem kommt im Heizkraftwerk ohnehin genügend Müll an, und man ist auf das Plastik nicht mehr angewiesen - sondern muss die Anlage mittlerweile künstlich herunterkühlen, weil viel zu viel Plastik verbrennt. Das verbraucht unnötig Energie.

Nur Verpackungen mit dem Grünen Punkt können wiederverwertet werden

Auch das war nur früher so. Anfang der Neunzigerjahre nämlich hatte man beschlossen, dass es neben dem Müllsystem der Städte und Gemeinden noch ein zweites geben soll - damit sich die privaten Unternehmen, die damals immer mehr Verpackungen in den Handel brachten, selbst um deren Entsorgung kümmern müssen. Das erste sogenannte duale System war der Grüne Punkt und er war damals das Symbol dafür, dass man an der Kasse bereits mit bezahlt hatte, dass sich später jemand um den Müll kümmert. Mittlerweile aber wird mit Abfall viel Geld verdient und mehrere sogenannte duale Systeme sind ins Geschäft mit eingestiegen. Der Discounter Lidl zum Beispiel hat sogar ein eigenes duales System gegründet. Das Unternehmen Grüner Punkt gibt es zwar auch immer noch genauso wie das Symbol auf den Verpackungen, aber auch Verpackungen ohne den Punkt gehören in München in die Container an den Wertstoffinseln - und in anderen Städten in den gelben Sack, die gelbe Tonne oder in die sogenannte Wertstofftonne.

Alles Plastik muss in die Container an den Wertstoffinseln

Nein, dort gehören nur Verpackungen aus Plastik hin. Also zum Beispiel Becher und Schalen, Folien und Getränkekartons. Denn um die Container kümmern sich die dualen Systeme und die sind für die Verpackungen aus dem Handel zuständig - nicht aber für allen anderen Plastikmüll. Ein kaputtes Bobby-Car muss man deshalb zu den Wertstoffhöfen bringen, genauso wie zum Beispiel einen alten Plastikstuhl.

Papiertaschentücher gehören ins Altpapier

Auch wenn Taschentücher aus Papier hergestellt sind, gehören sie nicht in die blaue Tonne - zumindest nicht, wenn sie benutzt sind. Denn aus altem Papier kann nur neues werden, wenn das Papier möglichst sauber ist. Die Farben auf dem Papier einmal ausgenommen, denn die können wieder herausgezogen werden. Benutzte Taschentücher aber sind genau wie alte Pizzakartons zu schmutzig, um sie weiter zu verarbeiten und müssen deshalb als Restmüll verbrannt werden.

In den Biomüll dürfen keine gekochten Speisen

Doch, auch wenn das früher einmal anders war. Mittlerweile aber ist Gekochtes in den Biotonnen erlaubt, ebenso rohes Fleisch oder roher Fisch. Abfälle aus dem Garten gehören selbstverständlich auch in die braunen Tonnen, allerdings gibt es Ausnahmen: Kranke Pflanzen zum Beispiel sollten nicht in den Biomüll genau wie eine ganz spezielle Pflanze namens "Traubenkraut". Sie wird auch Ambrosia genannt und kann bei den Menschen heftige Allergien auslösen, deshalb darf sie nicht in die neue Erde gelangen, die später aus dem Biomüll entsteht. Im Gegensatz zu den anderen Abfällen braucht Kork im Übrigen ziemlich lange, bis er sich abbaut. Die Verschlüsse von Weinflaschen gehören deshalb auf den Wertstoffhof und Streu aus Tierkäfigen darf ebenfalls nicht in die braunen Tonne, sondern muss in den Restmüll. Genau wie Asche.

Das Glas wird in den Müllwagen einfach zusammengeworfen

Wenn ein Laster vorfährt, um die Container abzuholen, sieht das erst einmal so aus - und man fragt sich, warum man grünes, weißes und braunes Glas überhaupt getrennt hat. Die Laster aber haben in ihrem Inneren verschiedene Fächer, und wenn man auf einem der Umschlagplätze steht, auf denen das Glas abgeladen wird, erkennt man die drei Farben wieder. Blaues Glas gehört mit in den Container voll grünem Glas, wie auch alle andere Farben, die nicht getrennt gesammelt werden.

© SZ vom 19.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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