Möglicher Verkauf der Trainingsrennbahn in Riem:Schwieriges Gelände

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Es wäre einer der größten Grundstücksverkäufe seit vielen Jahren. Doch gegen den Verkauf der Trainingsrennbahn in Riem an einen Immobilieninvestor regt sich Widerstand, die erhoffte politische Unterstützung bleibt allerdings aus.

Peter Fahrenholz und Sebastian Krass

Es wäre einer der größten Grundstücksverkäufe in München seit vielen Jahren. Es könnten mehr als 1000 neue Wohnungen entstehen. Und eine traditionsreiche Institution dieser Stadt, der von ewiger Finanznot geplagte Münchener Rennverein (MRV), könnte sich sanieren. So der bisherige Plan. Doch dagegen regt sich Widerstand aus dem Kreis der Vereinsmitglieder. Und die erhoffte politische Unterstützung bleibt vorerst aus.

"Surabaja" ist das Rennpferd des Fußball- Nationalspielers Philipp Lahm - noch ist alles wie früher bei der Rennbahn Riem. (Foto: Alessandra Schellnegger)

40 Hektar groß ist das Grundstück, das der MRV-Vorstand unter Federführung des Präsidenten Norbert Poth an den Münchner Immobilienunternehmer Erich Schwaiger verkaufen will. Die Verträge sind unterschrieben, mit dem Vorbehalt, dass die Mitgliederversammlung des Vereins zustimmen muss, mit Dreiviertel-Mehrheit. Die außerordentliche Versammlung ist für den 13. September einberufen. Hört man sich bei den Mitgliedern um, dann sind aber oft Sätze zu hören wie: "Ich stimme nicht zu." Oder: "Das Ganze stinkt doch."

Die Kritik entzündet sich zunächst am Kaufpreis. 64 Millionen Euro würde der Investor dem MRV zahlen. Voraussetzung dafür ist, dass das Gelände, das derzeit als Trainingsbahn für Galopprennpferde dient, vom Planungsreferat umgewidmet wird: von einer wirtschaftlich nahezu wertlosen Sportfläche in teures Bauland. Schwaiger würde das Grundstück zu einem Quadratmeterpreis von 160 Euro erworben - "lächerlich" findet das ein namhafter Münchner Immobilienexperte.

Laut dem Maklerverband IVD kostet ein Grundstück in München, das mit Mehrfamilienhäusern bebaut werden darf, je nach Lage 595 bis 1600 Euro pro Quadratmeter. Auch MRV-Präsident Poth gibt zu, dass der Kaufpreis günstig ist. "Aber der Verein darf das nicht so sehen, dass es hier um 64 oder 150 Millionen Euro geht. Wir brauchen jetzt Geld, und niemand auf dem Markt gibt mehr." Er verweist auch auf das Risiko des Investors, der dem MRV bis Ende 2012 insgesamt 2,25 Millionen Euro überweisen würde, sozusagen für die Kaufoption. Ab dem Jahr 2018 wären jährlich 400.000 Euro fällig.

Mit diesem Geld könnte der MRV sein alljährliches Defizit, das unter anderem durch die Krise des Wettgeschäfts bedingt ist, vorerst ausgleichen. Wenn es nichts wird mit der Umwidmung oder er vom Vertrag zurücktritt, weil es ihm zu lang dauert, hätte Schwaiger ein schlechtes Geschäft gemacht.

Von höchster politischer Seite hat er keine Unterstützung zu erwarten. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) dämpft deutlich die Hoffnung, dass hier in großem Stil Bauland ausgewiesen wird. "Die Stadt wird sich nicht im Geringsten unter Druck setzen lassen", sagte Ude der SZ. "Es gibt keine Baulandausweisung nach Bedarfslage einer Vereinskasse." Richtschnur werde sein, was stadtentwicklungsmäßig vernünftig sei. Natürlich sei er für Wohnungsbau. Aber die Stadt nehme ökologische Belange in den verbliebenen Grünflächen "sehr ernst", betonte Ude. "Die Idee, ich kaufe Grünland und bekomme Bauland, sollte kein Spekulant für so einfach halten."

Und wer weiß, ob es überhaupt so weit kommt. Denn auch das Zustandekommen des Kaufvertrags macht einige Mitglieder misstrauisch. Der MRV hat seine Verkaufspläne per Ausschreibung öffentlich gemacht. Vielmehr hat Poth das Geschäft mit Geheimdiplomatie eingefädelt. "Es gibt in Bayern nur ein paar Unternehmen, die einen so großen Kauf stemmen können. Ich habe mit allen gesprochen, bin aber auf viel Ablehnung gestoßen - oder die Entscheidungsfindung hätte zu lang gedauert", sagt Poth. Käufer von außerhalb seien nicht im Interesse des MRV. "Ich möchte nicht, dass irgendwelche Immobilienhaie sich hier breitmachen."

Unter drei Verhandlungspartnern habe Schwaiger das beste Angebot gemacht. Dass die Zahl der Interessenten wirklich so überschaubar war, halten Branchenkenner angesichts der knappen Bauflächen und der hohen Renditechancen in München allerdings für sehr unwahrscheinlich, Risiko hin oder her.

Überdies fehlt dem Vertrag eine Nachbesserungsklausel. Normalerweise wird bei solch langfristigen Geschäften eine Nachzahlung fällig, wenn der Grundstückswert bei Erteilung des Baurechts gestiegen ist. In diesem Fall werden die 64 Millionen Euro aber nur nach einem Index steigen, der ungefähr die Inflation abbildet. "Der Käufer erhofft sich einen Spekulationsgewinn", sagt Poth.

Manche Mitglieder vermuten Vetternwirtschaft. Denn Schwaiger ist selbst MRV-Mitglied. Er besitzt ein Rennpferd, das im Trainingsbetrieb des MRV-Vorstands Hans Gerd Wernicke untergebracht ist. Durch diese Verbindungen habe man "etwas freier reden" können, erklärt Poth. "Aber Herr Schwaiger hat in keinster Form einen Bonus bekommen."

Auch zu einem anderen Punkt wird Poth sich kritische Fragen anhören müssen. Er hat kürzlich ein weiteres Stück Vereinsgelände verkauft, die bisher private Graf-Lehndorff-Straße. 180 000 Euro hat er dafür von der Stadt bekommen, die so den Busverkehr optimieren will. Die laut Satzung nötige Zustimmung der Mitglieder will Poth sich nun noch im Nachhinein holen. "Ich musste schnell handeln, sonst wären wir enteignet worden. Außerdem wollte ich es uns nicht mit der Stadt verderben."

Poth wird bangen müssen um den Verkauf der Trainingsbahn. Von den gut 80 Mitgliedern kamen in den vergangenen Jahren zu Versammlungen immer um die 30, acht oder zehn Gegenstimmen wären dann zu viel. Aber Poth spielt mit hohem Einsatz. Für ihn gibt es nur eine Wahl: "Verkauf oder Sterben des Vereins".

© SZ vom 16.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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