Moderat in München:Tanzen im bösen Königreich

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Verschmelzen zwei sehr gegensätzliche Spielarten der elektronischen Musik: Moderat. (Foto: Olaf Heine/oh)

Sie sind die Supergroup des Berliner Elektrosounds. Bei ihrem Tourauftakt in München bespielen Moderat aber keinen Club, sondern eine große Konzerthalle. Das funktioniert, auch weil ihre Musik Pop genug ist.

Von Franziska Schwarz

Der Freund, der einen zum Konzert begleitet, ist noch verkatert vom Vorabend, er steht zunächst recht müde herum. Doch es dauert nicht lange, bis er munter wird. Pünktlich um 21 Uhr betritt nämlich ein Trio die Bühne, das sich Moderat nennt und gerne als "Supergroup" bezeichnet wird, weil es aus zwei Berliner Electro-Acts besteht, die seit Jahren international erfolgreich sind: Gernot Bronsert und Sebastian Szary alias Modeselektor und Sascha Ring, bekannt als Apparat. Und weil die drei Musiker zwei sehr gegensätzliche Spielarten der elektronischen Musik verschmelzen - und das wunderbar funktioniert.

Modeselektor werden für ihre treibende Bassmusik geliebt, Apparat für den fragilen Gesang über atmosphärischem Soundgefrickel. Daraus entsteht in der Kombination ein ungewohnter Hybrid: für Elektrosound weder besonders schnell noch langsam, tauglich sowohl fürs Sofa als für den Club. Harte Beats und sanfte Melodien, das ist aber auch Pop genug, um in einer lange ausverkauften Konzerthalle zu funktionieren. Beim Münchner Gig fügen sich die euphorischen und melancholischen Stücke organisch ineinander, ohne dass das Publikum innehalten muss.

Auch Thom Yorke oder Björk gelten als Moderat-Fans

Los geht es mit "Bad Kingdom" von ihrem aktuellen Album "II" - und das tanzwütige Publikum nimmt den Track dankbar auf. Wuchtige Clubsounds treffen hier auf Rings ruhige Stimme: "This is not What you wanted/ Not What you had in mind". Es geht um Korruption und Machtmissbrauch, auf der Bühne werden Szenen aus dem Musikvideo eingeblendet, einem düsteren Comic im Retrostil: Mit Tinte schraffierte Anzugträger wechseln sich mit unpersönlichen Gebäudefassaden ab.

Die drei Elektro-Musiker selbst sind ganz gelöst, Ring lächelt immer wieder breit. Nachdem er im vergangenen Herbst einen schweren Motorradunfall hatte, hat man Konzerte absagen müssen. Jetzt steht er im Anzug auf der Bühne und lässt sich die Haare in die Augen hängen. Sebastian Szary im Overall steht die meiste Zeit ruhig da und dreht an den Knöpfen, Gernot Bronser mit Käppi und Shirt stampft unermüdlich von einem Bein aufs andere. Ring singt nur bei manchen Tracks, aber wenn er es tut, scheint er nur das Mikro zu kennen.

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Die treibenden Beats seiner Kollegen sorgen dafür, dass es nicht allzu versonnen wird und das Kesselhaus an diesem Abend eine Tanzfläche bleibt: Das Publikum pfeift, reißt die Arme hoch, starrt auf die ausgefeilten Visuals. Viele Worte machen Moderat nicht, sie sagen ihre Tracks nicht an, aber dafür oft "Danke".

Moderat werden gerne zur "IDM", "Intelligent Dance Music", gezählt, Radiohead-Sänger Thom Yorke oder Björk gelten als Fans. Nach allem, was man so hört, soll es bei der Band im Studio aber ziemlich oft knallen - musikalische Meinungsverschiedenheiten. Nach ihrer ersten EP von 2002, die andeutungsreich "Auf Kosten der Gesundheit" hieß, hat es sieben Jahre gedauert, bis wieder etwas erschien. Als das Trio an diesem Abend die Bühne verlässt, klatschen sie sich mit einem High Five ab. So, als seien sie froh, dass es mal wieder geklappt hat.

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