Mittlerer Ring Südwest:Eine neue Zeit

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Der Heckenstaller Park soll ein grünes Zentrum des Stadtviertels werden und die Lebensqualität verbessern. (Foto: SZ Grafik)

In der Heckenstaller Straße wird der Mittlerer Ring weitgehend unter einem Deckel verschwinden. Ein Park soll das grüne Zentrum des Stadtviertels werden und die Lebensqualität verbessern. Doch nicht alle finden das gut.

Von Martin Mühlfenzl, Sendling-Westpark

Es sind nur 620 Meter. Das entspricht der Länge von 15,5 Handballfeldern oder etwa 23 ICE-Speisewaggons. Es sind 620 Meter, die ein ganzes Stadtviertel verändern können, langfristig und nachhaltig. Auf jenen 620 Metern wird noch gebaut - ober- und unterirdisch. Und zeitgleich rauscht der Verkehr unvermindert von Ost nach West und in die entgegengesetzte Richtung. Die Heckenstallerstraße ist eine der wichtigen Trassen des Mittleren Rings; eine nicht zu ersetzende Verbindung. Schließlich fehlt München noch immer der Autobahnringschluss im Süden - und es ist kaum zu erwarten, dass er in den kommenden Jahren oder eher Jahrzehnten kommen wird.

Tunnelbaumaßnahme Mittlerer Ring Südwest - so lautet der offizielle Name eines der größten Infrastrukturprojekte der Landeshauptstadt. Und die Heckenstallerstraße ist ein Teil davon. Der Verkehr wird zwischen der Passauer Straße und der Auffahrt zur A 96 tiefer gelegt. In der Heckenstaller Straße wird der Mittlere Ring - wie auch am Luise-Kiesselbach-Platz und in der Garmischer Straße - weitgehend unter einem Deckel verschwinden. Und dann?

Schon jetzt ist klar: Das Leben am Mittleren Ring Südwest wird sich dramatisch verändern. "Es wird ein anderes Viertel, und wir freuen uns darauf", sagt Günter Keller, SPD-Vorsitzender des Bezirksausschusses Sendling-Westpark. "Die Lebensqualität wird steigen. Die Menschen sind dann nicht mehr dem Lärm des Rings ausgesetzt." Doch wo die Lebensqualität steigt, steigen oft auch die Mieten, treiben vermehrt Investoren ihr Unwesen, droht die mittlerweile viel diskutierte und nicht zu leugnende Gentrifizierung ganzer Stadtteile.

Auch diese Angst geht zwischen dem Westpark im Norden und der Heckenstallerstraße im Süden um. Es ist die Sorge, sich das Leben in einem Stadtteil nicht mehr leisten zu können, der immer noch für seine ausgeglichene Bevölkerungsstruktur bekannt ist - und darauf auch stolz ist. Einfamilienhäuser, viele Grünflächen, sozialer Wohnungsbau, urbanes Flair - all das findet sich in Sendling-Westpark. "Das gilt es auch zu bewahren", sagt BA-Chef Günter Keller. "So weit das in unserer Macht steht, versuchen wir das auch."

Erstaunliche Beteiligung der Bürger

Die Untertunnelung des Mittleren Rings wird Sendling-Westpark aber ein neues Gesicht verleihen. Noch ist nicht endgültig geklärt, wie etwa die Oberfläche am Luise-Kiesselbach-Platz gestaltet werden soll. Viele Bürger haben sich bei Informationsveranstaltungen dafür ausgesprochen, den Platz nur zu begrünen und nicht weiter zu bebauen. Die wichtige Sichtachse zum Altenheim St. Josef müsse erhalten bleiben, ist ein immer wiederkehrendes Argument.

Doch es gibt Stimmen, die angesichts der auch in Sendling-Westpark weiter fortschreitenden Wohnungsnot an den Rändern des Platzes Wohnbebauung fordern. Günstiger Wohnungsbau sei dringend erforderlich, mit erschwinglichen Mieten für Menschen, die im Viertel leben - etwa Erzieherinnen und Altenpfleger. Dafür biete sich der Luise-Kiesselbach-Platz an, sagen die Befürworter. Es ist eine Diskussion, die leidenschaftlich geführt wird - und mit erstaunlicher Beteiligung der Bürger. Es ist typisch für das Viertel, dass die Menschen Anteil daran nehmen, was um sie herum passiert, wie sich ihr Stadtteil verändern könnte.

Andernorts ist bereits geklärt, wie es nach Fertigstellung der Untertunnelungen weitergehen soll: am Heckenstaller Park. Und auch hier wurden die Bürger über die Planungen frühzeitig informiert und in diese auch eingebunden. Ende 2012 organisierte das Baureferat der Landehauptstadt gemeinsam mit dem Bezirksausschuss des siebten Stadtbezirks eine Informations- und Diskussionsveranstaltung mit Jugendlichen, Vertretern von Jugendverbänden und Sportvereinen. Denn genau deren Meinung sollte bei der neu zu gestaltenden Oberfläche des 620 Meter langen Heckenstaller-Tunnels berücksichtigt werden.

Schon sehr früh hatte sich der Münchner Stadtrat dafür entschieden, in dem Bereich eine Parkanlage samt Sportplatz einzurichten. Den ursprünglichen Plan, zwischen den Rampen der Passauerstraße am östlichen Tunnelausgang einen Jugendspielbereich aufzubauen, hatte der Stadtrat aber schnell verworfen - dort wäre anschließend eine acht Meter hohe Lärmschutzeinhausung nötig gewesen, die sowohl die angrenzende Wohnbebauung als auch den Sportplatz selbst vor Verkehrslärm geschützt hätte.

Das Areal aber bietet mehr Platz: Zwischen der Friedrich-Hebbel-Straße und der Höglwörther Straße sowie der Passauerstraße steht künftig eine Fläche von etwa 27 000 Quadratmetern für, wie es das Baureferat ausdrückt, stadtteilbezogene Sport-, Freizeit- und Erholungsnutzung zur Verfügung. Das Herz des Heckenstaller Parks wird ein zentraler Freizeitbereich mit einem Sportplatz bilden, der zu den umgebenden Flächen um etwa 1,5 Meter abgesenkt wird. Im Süden zum Gottfried-Böhm-Ring hin wird eine drei Meter hohe Boulder- und Kletterwand den Platz abschließen. Darüber hinaus wird es im Osten des Parks zwei Spielplätze geben, orientiert an unterschiedlichen Altersgruppen - einen Spielplatz für Kinder bis sechs Jahre mit einem Spielhaus, einer Rutsche und vielen Bewegungsspielen.

Gleich daneben den Tummelplatz für Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren mit einem Kletterturm und vielen weiteren Bewegungselementen. Im Norden wird der Freizeitpark von einer Sitzmauer begrenzt, gleich dahinter beginnt die zehn Meter breite Promenade, die durch viele Bäume und Liegewiesen aufgelockert werden soll. Ein grüner Boulevard für die Anwohner, ein kleiner Englischer Garten. Alle Bereiche - auch der abgesenkte Freizeitbereich - werden barrierefrei gestaltet, versichert das Baureferat.

Nördlich und südlich des neuen Heckenstaller Parks werden Fuß- und Radwege angelegt, die bewusst vom Erholungsbereich abgegrenzt sind. Am westlichen (Höglwörther Straße) und östlichen Parkeingang (Passauerstraße) sollen jeweils kleine Plätze angelegt werden - als Treffpunkte für die Bürger des Viertels und Eingang in den Park. Das neue grüne Band über der Heckenstallerstraße soll auch durch eine vielfältige Bepflanzung aufgelockert werden - von Hecken über offene Wiesenflächen bis hin zu unterschiedlichen Weidenarten, Kirschbäumen, Eichen und Kiefern. Mehr als 450 Bäume will das Baureferat auf der jetzt noch trostlosen Beton- und Kieswüste pflanzen.

Die Menschen im Viertel freuen sich schon jetzt auf die Neugestaltung - vor allem die Jugendlichen, die sich momentan noch zwischen den Hochhäusern des Gottfried-Böhm-Rings ihre Freiräume suchen müssen. Die Bauarbeiten aber werden erst nach der Verkehrsfreigabe der Tunnel beginnen; Ende 2015 rechnet das Referat mit den ersten Schritten - dann soll auch der Straßenrückbau am Gottfried-Böhm-Ring beginnen. Ende 2017 wird der Heckenstaller Park dann voraussichtlich fertig sein. Dann beginnt auf 620 Metern eine neue Zeit.

© SZ vom 02.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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