Mitten in Unterföhring:Eine Gemeinde sieht rot

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Die Münchner Straße ist bis Ende August gesperrt, und auf der Umleitungsstrecke sind nicht nur die Autofahrer täglich auf 180, sondern auch die Anwohner

Von Sabine Wejsada

Autofahrer gehören zu der Gruppe von Menschen, die ganz gerne einmal schnell auf 180 sind. Sei es, weil der Vordermann an der auf Gelb springenden Ampel nicht sofort aufs Gas steigt und mit quietschenden Reifen losbraust. Lautes Hupen nutzt in diesem Fall meist gar nichts. Das erschreckt, den im Wagen vor einem nur, und schwups, schon dauert es noch länger, weil er den Motor abgewürgt hat. Und schon sieht man wieder rot. Diese Farbe ist es auch, die der Kopf des Autofahrers in Windeseile annimmt, wenn zum Beispiel zwei Radler nebeneinander vor sich hintrödeln, weil sie gegen den Fahrtwind anratschen, oder Fußgänger zu langsam über die Straße hatschen.

Der Autofahrer an sich ist ein unangenehmes Wesen. In Unterföhring wird ihm derzeit so gut wie der Garaus gemacht. Die bei täglich mehr als 25 000 Pendlern aus München und Umgebung so beliebte Strecke ist gesperrt - beseitigt werden müssen die von den schweren Karossen verursachten Schlaglöcher und aufgebracht wird ein lärmmindernder Belag. Die geplagten Anlieger der Münchner Straße sollen dann nach der bis Ende August dauernden Sperrung bei offenem Fenster zumindest jedes zweite Wort verstehen können.

Viele von ihnen können es wohl gar nicht so recht glauben, wie leise das Wohnen an der Unterföhringer Hauptverkehrsachse sein könnte, würde die Blechlawine für immer verbannt. Auch wer mit dem Auto unterwegs ist, und das dürfen die Anlieger, kann sich über eine ungewohnte, fast freie Durchfahrt freuen. Wären da nicht die großen Baumaschinen und drei Ampeln, denen natürlich niemand den Strom abgedreht hat und die just immer dann auf rot schalten, wenn es keiner braucht.

Die Menschen an der Umleitungsstrecke mögen es nicht glauben, wie nervtötend eine nicht enden wollende Schlange von Autos sein kann, die sich täglich durch Unterföhring quält. Kein Wunder, dass im Ort mittlerweile beinahe alle rot sehen. Nicht nur die Autofahrer.

© SZ vom 04.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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