Mitten in Thalkirchen:Nachrichten aus der Wunderwelt

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Es gibt allerlei Wunder: Ewiggültige, sportliche, kurzlebige. Manchmal aber wird Wundersames schnöde vereitelt

Von Jürgen Wolfram

Wunder gibt es immer wieder. Hat schon Katja Ebstein gesungen, eine Künstlerin aus jener Zeit, als Deutschland noch ernstzunehmende Beiträge zum Eurovision Song Contest entsandte. Sie hat das Phänomen nur allgemein gehalten, dabei schreit es geradezu nach Differenzierung. Wie jedermann weiß, gibt es die ewig gültigen Wunder, nachzulesen in der Bibel oder in Liebesromanen. Auf beachtliche Haltbarkeit bringen es die sportlichen Überraschungen, wie das Wunder von Bern. Politisch Unvorhersehbares erscheint manchmal kurzlebig, wie das Wunder von Würselen.

Wundersam muten ein ums andere Mal glänzende Geschäftserfolge an. Als Paradebeispiel dafür mag der Kiosk "1917" auf dem Thalkirchner Platz dienen. Das Häusl ist erst vor ein paar Monaten eröffnet worden und soll mit seinem Namen an eine Vorgänger-Proviantstation erinnern. So genau muss das aber keiner wissen, mag sich der Betreiber gedacht haben und veranstaltete kühn eine volksfestartige Hundertjahrfeier, mit viel Remmidemmi.

Ohnehin geht man nicht fehl, in Thalkirchen eine Herzkammer des Wunderbaren zu vermuten. Am Hinterbrühler See versammeln sich alle paar Jahre um die 150 Leute zu einer Zeremonie. Mantras singend destillieren sie aus dem Wasser positive überirdische Kräfte und lenken diese in die Krisenregionen dieser Welt. So soll die Wiederholung von Öl- und Nuklearkatastrophen im Golf von Mexiko oder in Fukushima verhindert worden sein. Darüber mag man sich wundern, aber Hauptsache, es wirkt.

Von ein paar Tagen sollte der musikalische Weiheakt erneut den Hinterbrühler Winkel vibrieren lassen. Programmatisch war das am Wasser gebaute Flehen diesmal auf den Weltfrieden ausgerichtet. Doch die Genehmigung des Kreisverwaltungsreferats sei so spät eingetroffen, dass an solide Vorbereitungen nicht mehr zu denken war, hieß es. Was wiederum mit der Haltung des Bezirksausschusses zu tun haben könnte, dem größere Events im Landschaftsschutzgebiet ein Schrecknis sind. Das Gremium hatte partout kein Einsehen und lehnte die "See-Gebotszeremonie" mehrheitlich ab. Kein Wunder hat sie am Ende mehr retten können.

© SZ vom 17.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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