Mitten in Sendling:Die weite Welt im Stadtviertel

Die Stadtteilwoche Sendling-Obersendling liefert einen Beweis dafür, dass die Welt zum Dorf geworden ist. Viele Künstler und Musiker sind woanders daheim

Von Jürgen Wolfram

Die Stadtteilwoche Sendling-Obersendling liefert gerade ein Beispiel dafür, wie sinnlos es wäre, gewachsene Viertel isoliert zu betrachten. Obwohl Schwergewichte im Münchner Stadtverband, werden die beiden Sendlings in Wirklichkeit von äußeren Einflüssen kontaminiert. Damit ist keineswegs nur der Regen gemeint, der den Lokalpatriotismus und die gute Laune der Veranstalter zeitweise verwässert.

Die Szenerie auf dem Festplatz im Neuhofener Park stellt sich dar wie der Beweis, dass die Welt zum Dorf geworden ist. Die wenigen Besucher jenseits der durchnässten Menschenschlange an der Kasse des Zirkuszeltes, in dem gleich die Well-Brüder auftreten, flanieren etwa vorbei an einem orientalischen Hochzeitszelt. Oder sie flüchten sich nach sumpfigem Rundgang ins Gastrozelt, wo die Bluegrass- und Countryband " Baton Rouge" vor schütterer Kulisse versucht, Stimmung in den Abend zu bringen. Ohne Anklänge an Blasmusik.

Ebenfalls woanders daheim, aber mit starkem Auftritt bei den Nachbarn: der Flößer-Kulturverein Thalkirchen. Eingerahmt von einer Ausstellung zur Geschichte des altehrwürdigen Handwerks und seines Schutzheiligen Nepomuk, liest die Vereinsvorsitzende Helga Lauterbach Märchen vor, sagenhafte Geschichten über das Leben an der Isar. Wie das war, als der Teufel versucht hat, den Fluss umzuleiten. Warum nicht die Sirenen die ersten waren, die Besatzungen ins Verderben sangen, sondern die Isarnixe von Grünwald. Nach versuchter Zwangsheirat ist sie einfach abgetaucht. Zum Sommermärchen fehlen dem Stadtteilfest nur noch Sendlinger Geschichten. Vielleicht erzählt sie an diesem Mittwoch Bruno Mayer bei einer "Überblicks-Tour" - um 17 Uhr, Harras-Taxistand.

© SZ vom 17.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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