Mitten in Sendling:Brösel an der Basis

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Der Golden Retriever sammelt kommunalpolitische Erfahrung - er verpasst fast keine Sitzung des Bezirksausschusses

Von Berthold Neff

Es war die erste Sitzung des Bezirksausschusses (BA) Sendling-Westpark im neuen Jahr, und von Anfang an hatte man das Gefühl, etwas sei diesmal ganz anders als sonst. Aber was? Von den Besuchern aus gesehen links saß wie üblich die CSU, an der Spitze mit ihrem Sprecher Alfred Nagel, dem man wie immer ansah, dass er auf die erste Chance wartete, aufzustehen und mit großer Geste eine Rede zu schwingen oder aber mal auf die Schnelle einen Zwischenruf zu riskieren. Das wiederum würde, neues Jahr hin oder her, der BA-Vorsitzende Günter Keller (SPD) sicher nicht gut finden und schnell eingreifen, um Schlimmeres zu verhindern.

Und wie üblich hatte Keller im Sendlinger Sozialbürgerhaus an der Meindlstraße sein Glöckchen drohend vor sich auf dem Tisch postiert. Bürger, denen es einfiele, länger als fünf Minuten zu reden, würde er damit nach Ablauf der Frist lautstark signalisieren, dass ihre Zeit leider vorüber sei. Und während man weiterhin grübelt, was denn heute anders ist als sonst, schweift der Blick von vorn nach hinten, trifft also auf das, was vor der eigenen Nasenspitze liegt.

Genau, das ist's: Brösel ist nicht da. Brösel, das ist der überaus gemütliche Golden Retriever, für den es Ehrensache ist, zusammen mit seinem Frauchen Lena Fiedler, der jungen Grünen, keine einzige BA-Sitzung zu verpassen. Mit stoischer Ruhe platziert er sich zu ihren Füßen, den Kopf meist auf den Pfoten, und hört zu, was da vorn so geredet wird. Manchmal spitzt er die Ohren, vor allem dann, wenn sein Frauchen spricht. Oder wenn jemand das Wort "Südpark" fallen lässt - das ist sein Revier, in dem er seinen Auslauf findet und nach dem Rechten sieht, gerne auch ohne Leine.

Meistens aber kümmert er sich in den Sitzungen um sein körperliches Wohl. Dazu gehört eine ausreichende Wasserzufuhr, was in Ermangelung eines Wasserglases natürlich nicht geräuschlos vonstatten geht. Manchmal hat man das Gefühl, er schlabbert das Wasser aus seinem Edelstahl-Napf immer dann besonders geräuschvoll raus, wenn ihm eine Rede zu staatstragend oder schlicht zu langweilig ist. Oder dass es ihm besonders dann auf die richtige Lautstärke ankommt, wenn ihn alle hören können, weil ausnahmsweise niemand spricht. So erdet er die ganze Veranstaltung, signalisiert, was wirklich wichtig ist.

Bleibt zum Schluss nur noch die Frage, was er tun wird, sollte er bei der nächsten Wahl, 2020, den Sprung in den Bezirksausschuss verpassen. Falls er nächste Sitzung wieder da ist und auch sonst fleißig an den Beratungen teilnimmt, braucht ihm allerdings vor der Zukunft nicht bange zu sein. Sollte der Tierschutzverein demnächst eine Führungskraft suchen, hätte er gute Chancen - wer sonst kann eine solch langjährige kommunalpolitische Erfahrung an der Basis vorweisen?

© SZ vom 18.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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